Wette 1: Horizontale: 100 km rund um Jena

Team Island vs. Holly 0-1 ;-)

Wette 1 von 6: Holly muss bei der 100-km-Wanderung rund um Jena (Horizontale) so weit kommen wie Tobi (max. 100 km).

Optimistisch am Start: Franzi, Reyk, Holly, Hille, Tobi Am Freitag war es nun soweit und mit der Horizontalen in Jena stand das erste Event auf dem Programm. Zum Einstieg mal lockere 100 km wandern, sollte ja kein Problem sein ;-). Mir war im Vorfeld klar, dass es physisch die schwierigste Herausforderung, psychologisch aber eigentlich die einfachste war. Schließich war es der einzige Wettbewerb, bei dem ich mich nur selbst besiegen musste.

Aufgrund meines Testmarathons (Snoopy ist ja nicht zu unterschätzen) vor 3 Wochen und mit dem dafür im Vorfeld notwendigen Trainingsaufwand blieb wenig Zeit zum spezifischen Wandertraining. Am Ende lief es auf 33 km vor vielen Wochen und jeweils 22 km am Samstag und Sonntag des letzten Wochenendes hinaus. Natürlich viel zu wenig! Die Materialfragen konnte ich auch nicht so recht klären. Sowohl Straßenschuhe mit alten Wandersocken als auch neue Laufschuhe mit neuen Wandersocken führten nur zu bedingt zufriedenstellenden Ergebnissen. Blasenfrei konnte ich keine der Trainingswanderungen beenden. Auch alte Joggingschuhe oder neu zu kaufende Wanderschuhe waren Optionen, konnten aber nicht getestet werden.

Blick über Jena Die Woche vorher wurde auch die Wettervorhersage des Öfteren befragt, die sich aber ständig änderte. Von ziemlich warm mit durchgängig Sonnenschein bis Dauerregen war alles mal dabei, auch Gewitter waren bis zuletzt nicht ausgeschlossen. Solange es trocken blieb, war mir eigentlich alles recht. Skeptisch bzgl. der zu befürchtenden Anstrengungen und Schmerzen, aber optimistisch es zu schaffen, ging es Donnerstag nach Erfurt, wo mir Reyk Unterschlupf gewährte. Aufgrund der Deutschen Blitzmeisterschaft plante Reyk uns nur einen Teilabschnitt zu begleiten. Eine erlittene Verletzung stellte aber selbst dies in Frage. Die Entscheidung sollte dann kurzfristig getroffen werden.

Nach dem ausgiebigen Ausschlafen am Freitag und ein paar Stunden getaner Arbeit, machten wir uns schließlich gegen 15.30 Uhr auf den Weg nach Jena. Die Wetterprognose war mittlerweile ganz gut und beim Material entschied ich mit für neue Joggingschuhe und marathonerprobte Laufsocken. Die erste richtige Entscheidung, wie sich später rausstellen sollte. Auf dem Weg sammelten wir noch Hille ein und gegen 17 Uhr trafen wir kurz vor Franzi, die uns ebenfalls unterschützen wollte, bei Tobi ein.

Im Gänsemarsch Vor dem Startschuss um 18 Uhr wurden schnell noch ein paar Fotos geschossen und schon ging es los. Die ersten Kilometer gingen wir also zu fünft an. Bei guter Laune und gepflegter Unterhaltung ging es in einer großen Menschenmenge stetig voran. Nach knapp 5 Kilometern wurde es dann einspurig und die Kolonne bewegte sich nun im Gänsemarsch weiter. Das Tempo konnte man kaum selber wählen und wie auf Autobahnen kam es an Engpässen auch hin und wieder zu Stop-and-Go Verkehr.
Trotz allem blieb es sehr kurzweilig. An der Lobdeburg wurde kurzzeitig der Ausstieg von Franzi und Reyk diskutiert. Man entschied sich dann aber für noch ein paar weitere Kilometer, wobei Reyk trotz allem einen Abstecher zwecks Bierkonsums tätigte und uns später wieder einholte, was aus erwähnten Gründen gar nicht so einfach war. Nach ca. 15 Kilometern war es dann doch soweit und Franzi und Reyk verabschiedeten sich. Sie nutzen die Chance zum Abstieg ins Tal, um den Abend genüsslich in einem Biergarten ausklingen zu lassen, während für uns der Spaß erst richtig losging ;-).
Reyk hatte zwar kurz überlegt die vollen 100 km in Angriff zu nehmen, ein Ersatzmann für die Blitzmannschaft war aber nicht in Sicht. Wenn also jemand nächstes Jahr Reyk begleiten möchte, ich kann es nur wärmstens empfehlen ;-).
Während Reyk also den Samstag in Bielefeld verbringen musste, würde uns Franzi auf den letzten Kilometern wieder unterstützen.

So langsam wurde es auch dunkel und die erste Verpflegungsstation rückte näher. Mit Taschenlampen bewaffnet erreichten wir diese gegen 22.30 Uhr. Es war ein ordentliches Gewusel und es bildeten sich sowohl bei der Getränke- sowie Essenverpflegung als auch bei den großzügig kalkulierten 2 Dixies längere Schlangen. Also verspeisten wir nur kurz die erhaltene Knacker, tranken etwas, steckten das Verpflegungspaket ein und machten uns ohne lange zu rasten auf den weiteren Weg. Nun wurde das Tempo mächtig angezogen. Ich hatte mich schon im Vorfeld auf einen Ausreißversuch von Tobi eingestellt ;-). Hille blieb immer dran und mit kurzen "Zwischenspurts" konnte auch ich mich im Windschatten halten.

Trennung bei Drackendorf Die 2. Verpflegungsstelle sollte uns bei Kilometer 46 erwarten. Da die Strecke nun etwas breiter war, zogen wir auf der Überholspur an vielen Lichterketten vorbei. Obwohl wir im Gegensatz zum ersten Streckabschnitt keine Pause einlegten, brauchten wir trotzdem deutlich länger für die zweiten 23 Kilometer. Irgendetwas stimmte da mit den Kilometerangaben nicht. So langsam schmerzten auch immer mehr Körperteile. Kurz nach 3 Uhr wurde schließlich der 2. Kontrollpunkt passiert. Die Pause fiel dieses Mal schon etwas länger aus und Hille und ich verarzteten die ersten Blasen. Gestärkt und weiterhin gut gelaunt ging es auf zur 3. Verpflegungsstelle, die bei Kilometer 70 folgen sollte.
Die nächtlichen Temperaturen waren nicht zu kühl und ein prall gefüllter Sternenhimmel unterstützte unsere Taschenlampen. Nur der Mond tauchte erst kurz vor dem Ende der Nacht auf. Dank Tobis Streckenkenntnissen waren wir wahrscheinlich einige der wenigen Teilnehmer, wenn nicht gar die einzigen, die auch noch einen kleinen Zusatzschlenker zum Haeckelstein absolvierten. Man gönnt sich ja sonst nichts ;-). Außerdem hatte der Veranstalter ja 2 von den Verpflegungsstellen unabhängige Zeitnahmekontrollen an der Strecke angekündigt, um "Abkürzern" das Leben zu erschweren, also bloß kein Risiko eingehen.

Rast Irgendwann hat dann jemand das Licht angeschaltet und es war hell. Dies war keine Minute zu früh, da meine Taschenlampe so langsam ihren Dienst verweigerte. Bis Kilometer 60 lief bei mir alles gut. Die Schmerzen stiegen zwar langsam an, aber alles noch im erträglichen Bereich. Bei Hille hatten sich die Blasen vermehrt und er berichtete von einem konstant hohen Schmerzlevel, wohingegen Tobi sich schon seit einiger Zeit mit Knieschmerzen herumquälte, die vermutlich dem vielen Hoch und Runter geschuldet waren.
5 Kilometer vor der nächsten Verpflegung kam ein neuralgischer Punkt. Es ging längere Zeit bergab, was mit Abstand die unangenehmste Fortbewegung war. Aber es gibt immer noch eine Möglichkeit, die Teilnehmer ein bisschen mehr zu quälen und so gab es eine wenn auch kurze, aber auch sehr giftige Gegensteigung. Danach sammelten wir uns kurz und schleppten uns bis zur Verpflegung. Gegen 8.15 Uhr checkten wir dort ein und lagen immer noch bei einem Schnitt von 5 km/h. Dass wir die eingeplanten 20 Stunden aber nicht ganz schaffen würden, war bereits absehbar. Beim angebotenen Frühstück u.a. mit frischen Waffeln schlugen wir ordentlich zu. Bei Tobi kam zum ersten Mal mein eigentlich für meine Knie gedachtes Voltaren-Schmerzgel zum Einsatz.

Hille über Jena Eine halbe Stunde später rafften wir uns schließlich auf den Anstieg zur Kunitzburg in Angriff zu nehmen. Die nächste und somit letzte Verpflegungsstation bei Kilometer 85 war dieses Mal "nur" 15 Kilometer entfernt. Schon nach wenigen Metern im Anstieg war klar, dass es lange 15 Kilometer werden würden. Tobis rechtes Knie versagte die Gefolgschaft. An ein vernünftiges Beugen war nicht mehr zu denken und so wurde jeder Schritt zu einer Qual. Vor allem Hille war es zu verdanken, dass wir Tobi zumindest 2 Äste zur Unterstützung organisieren konnten. Aufgrund deren Größe wurde Tobi von den uns nun überholenden Wanderern wahlweise als Gandalf bezeichnet oder es wurde von ihm gewünscht, dass Ziel 20 Kilometer nach vorn zu zaubern. Da er aber niemanden übervorteilen wollte, konnte er so einem Wunsch natürlich nicht nachkommen ;-).
Am späten Vormittag kam nun auch die Sonne hervor und brannte gnadenlos vom Himmel. Unser Tempo wurde immer langsamer und die Pausen wurden häufiger. Einmal nutzten wir ein wenig Schatten in einer Parkbucht vor einem Haus, prompt kam die Besitzerin natürlich vom Einkauf zurück. Als sie uns so dasitzen saß, verspürte sie wohl Mitleid, ließ uns gewähren und wählte die 2. Parkbucht. Selbst ein Getränk bot sie uns an. Was man übrigens auch mal loben muss: Egal wohin man kam, die Menschen waren alle nett und freundlich und hatten mindestens ein paar aufmunternde Worte parat.

Erschöpft im Gras Mit dem Anstieg zum Fuchsturm meisterten wir die letzte größere Steigung. Der nächste Verpflegungspunkt rückte näher. Ich als Ortsunkundiger hatte ja keine Ahnung, was mich alles so erwartet, aber man scheint bei so einer Strecke auch das Gefühl für Entfernungen zu verlieren. Hille, der ebenso wie Tobi, schon einige Passagen im Vorfeld abgelaufen war, wobei er wohl nicht immer die Originalstreckenführung gefunden hatte ;-), machte uns Hoffnung, dass nach der nächsten Kuppe das Steinkreuz schon zu sehen sein müsste. Genau dort befand sich der nächste Kontrollpunkt. Allerdings war dies auch einige Kuppen und Kurven später noch nicht zu erblicken. Letztendlich erreichten wir es gegen 13 Uhr und fielen erschöpft ins Gras, da alle Plätze auf den Bänken bereits belegt waren.

Mir kam so der Gedanke, dass es ja nur noch 15 Kilometer waren und es somit fast geschafft war. Der nächste Gedanke war dann aber, dass wir beim jetzigen Tempo noch fast 5 Stunden brauchen würden. Das wiederum kam mir dann noch elendig lang vor. Es erreichte uns aber die gute Nachricht, dass Franzi unterwegs war. Sie hatte sogar ein paar richtige Wanderstöcke für Tobi besorgt und würde uns die letzten Kilometer begleiten.

Regen kurz vorm Schluss Nach einer halben Stunde Pause ging es dann weiter. Tobi hatte eine Aspirin eingeworfen und nochmals Gel nachgelegt, was noch einmal zu einer kurzfristigen Temposteigerung führte. Kurz nach der Verpflegung hieß es das Gewissen zu befragen. An einer Kreuzung trennten sich der gelbe und der rote Wanderweg. Während der gelbe Weg nur einen Kilometer bis zum Fürstenbrunnen auswies, folgten wir wie vorgeschrieben dem roten, der den Brunnen aber erst nach ca. 10 Kilometern erreichen würde. Schon bald danach kam uns eine strahlende Franzi entgegen. Neben frischem Obst und einer Schmerztablette hatte sie auch die versprochenen Wanderstöcke für Tobi dabei.

Etwa 12 Kilometer vor dem Ziel kam man mal wieder aus dem Wald raus und hatte einen von vielen schönen Blicken während der Wanderung über Jena. Als besondere Qual blickte man genau auf das Stadion mit dem Start- und Zielbereich. So nah dran und doch noch so weit weg! Nach einer kurzen Rast entfernten wir uns zielstrebig immer weiter vom Ziel. Es gab immer noch eine weitere Kehre und wenn man dachte, es geht langsam bergab, ging es auch schnell wieder bergauf. Das war psychologisch ein ganz schön mieser Streckenabschnitt, da man von der Luftlinie her quasi schon im Ziel war und doch noch 3 Stunden brauchen sollte. Zu allem Überfluss zog dann auch noch ein Gewitter auf, was uns 5 Kilometer vor dem Ziel erreichte. Somit kam Hilles Regenüberzug und meine Jacke noch zum Einsatz und wir hatten diese Sachen nicht umsonst mitgeschleppt ;-). Nass geworden sind wir natürlich trotzdem.

Fans im Ziel Franzi versorgte mich auf den letzten Kilometern mit Schachaufgaben. Eigentlich ziemlich paradox. Ich mache den ganzen Spaß um nicht Schach spielen zu müssen und löse dann Blindaufgaben. Nach längerem Nachdenken konnte kurz vor dem Ziel auch die letzte Aufgabe gelöst werden und wir liefen zu viert in Stadion ein. Nun waren es wirklich nur noch ein paar Meter. Im Ziel wartete dann auch eine Überraschung. Ein paar Fans hatten sich versammelt und klatschen fleißig Beifall. Sogar ein paar selbstgebastelte Plakate hatten sie dabei. Gegen 17.15 Uhr hatten wir es nach 23 Stunden und 10 Minuten geschafft und das Ziel erreicht. Ich ließ Tobi den Vortritt. Seltsamerweise war er laut Urkunde trotzdem 3 Sekunden langsamer obwohl er nach mir gestartet und vor mir im Ziel war. Warten wir also noch die offizielle Zeitmessung ab ;-).

Zielzeit Es war mir eine Ehre die Wanderung mit Tobi und Hille absolvieren zu dürfen. Ich bin stolz auf euch! Meinen großen Respekt an beide, sich dieses freiwillig anzutun, wohingegen ich ja nur aufgrund der Wette teilgenommen habe ;-). Wie Tobi die letzten 30 Kilometer mit nur noch einem Knie absolviert hat, weiß ich nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es bei ähnlichen Schmerzen geschafft hätte. Auch Hille klagte im Zielbereich über Knieschmerzen und hatte vor allem auch mit Blasen zu kämpfen. Ich wünsche beiden eine schnellstmögliche Erholung!
Mir tat von der Hüfte abwärts zwar auch alles weh, aber es waren "nur" Ermüdungserscheinungen. Bis auf ein paar kleine recht harmlose Blasen waren auch die Füße noch in einem guten Zustand. Ich bin meinem Körper sehr dankbar, dass er mich für diesen "Spaß" nicht so sehr wie befürchtet bestraft hat ;-).

Im Ziel Am Sonntag war bis auf ein wenig Muskelkater alles bestens, was auch Franzi zu verdanken war, die uns nicht nur während der Wanderung unterstützte, fleißig Fotos machte, sondern auch als Chauffeur diente sowie Tobi und mich am Samstagabend sowie Sonntagmittag mit vielen gesunden Sachen verwöhnte. Ein ganz großes Dankeschön dafür! Natürlich soll Reyk auch nicht unerwähnt bleiben, der im Vorfeld mit ein paar Tipps und Streckenkenntnissen sowie seiner Unterstützung auf den ersten Kilometern trotz geprellter Rippe zur erfolgreichen Absolvierung beigetragen hat.
Abschließend bleibt zu sagen, dass es das mit Abstand körperlich Anstrengendste war, was ich in meinem Leben gemacht habe. Dagegen war der Marathon ein Kinderspiel ;-). Ich freue mich den Pflichtpunkt eingefahren zu haben. Die nächsten Herausforderungen stehen ja schon an und werden mit Sicherheit nicht einfacher.

Holly

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