Cappelle La Grande, Frankreich 2010 (III)

Freitag, der 19. Februar 2010

Cappelle La Grande Der vorletzte Turniertag begann mal wieder mit einem gemütlichen Frühstück um 9:30 Uhr. Diesmal war mein Gegner zu jung und mit einer zu geringen Zahl, um Partien von ihm bei ChessBase zu finden. Ich bin also ohne jegliche Vorbereitung mit Hanna Marie und Judith zum Mittagessen aufgebrochen. Es gab "tarte aux poireaux" (Porreeflammkuchen), "poisson pané sauce Tartare - riz et épinards à la créme" (panierter Fisch mit Tartarsoße, Reis und Spinat), "edam, chocolat flan".
Vor der Partie fragte ich mich, was ich eigentlich auf Skandinavisch mit Sf6 spielen würde und natürlich zog mein Gegner 1....-d5 und wie ich befürchtet hatte auch noch Sf6. Ein paar Tage zuvor hatte Judith recht einfach gegen Skandinavisch gewonnen und wir haben uns noch darüber unterhalten, dass man doch dagegen recht schnell gewinnen kann, vor allem wenn der Gegner keine Ahnung davon hat. Da hatte ich nun den Salat, denn ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr an die Theorie erinnern. Deswegen war mein Aufbau eher passiv, aber dennoch nicht schlechter. Mein Gegner stand die meiste Zeit eingeengt und ich hatte ein wenig Raum im Zentrum gewonnen, doch dann hatte er die Idee mein Zentrum mit f5 anzuhebeln und ich musste mit f4 kontern. Ab dieser Stellung hatte ich immer Angst um meinen König, aber Fritz sagt, dass alle Ideen, die ich für Schwarz gesehen habe, keinen Vorteil bringen. Die Partie endete dann recht schnell, nachdem mein Kontrahent seine Dame einstellte.
Auch diesmal hatte ich wieder Zeit bis zum Abendessen und da ich mit meinem Buch, welches mir Gordon geschenkt hatte, schon fertig geworden war, begann ich "Macbeth" (in Englisch) für die Schule zu lesen.
Das Abendessen bestand diesmal aus "potage, carbonade flamande - pommes vapeur et carottes Vichy" (eine Art Steak mit Kartoffeln und Karotten), "yaourt, chou choco trésor" (Windbeutel gefüllt mit einer Nougatcreme und umhüllt mit einer Schokoladenglasur). Dieser Nachtisch bestand aus drei solchen Windbeuteln und war für meine Begriffe sehr, sehr lecker, aber wollte man mehr als drei davon zu sich nehmen, dann würde man einem Zuckerschock erliegen.

Samstag, der 20. Februar 2010

Dies war wieder ein Tag, an dem man eher aufstehen musste, denn die Busse fuhren schon 9:30 Uhr von den Hotels zum Spiellokal, damit man pünktlich 10:00 Uhr die Runde beginnen konnte.
Mein Gegner war ein netter älterer Herr, von dem ich dachte, er sei Belgier (ChessBase), der aber eine niederländische Flagge an seinem Brett zu stehen hatte. Wie er mir nach der Runde erklärte, sei er Niederländer, wohne aber in Belgien! Vorbereitet hatte ich mich im Grunde schon, aber anscheinend nicht gründlich genug, denn dann hätte ich gesehen, dass er auch einen anzugsstonewallähnlichen Aufbau spielt. Das hatte ich aber übergangen und nun kannte ich nur grobe Ideen, wie man gegen so etwas zu spielen hatte. Instinktiv zog ich auch meine Dame auf das richtige Feld, denn ansonsten wäre die Partie schnell zu meinen Ungunsten ausgegangen, wie mir mein Gegner nach der Partie zeigte. Aber auch ohne den Damenzug stand ich nicht wirklich prickelnd. Ich schätze meine Stellung zwar nicht immer ganz schlecht für mich ein, aber so richtig zufrieden war ich nicht. Als meine Dame dann an den Rand gedrängt wurde, zog mein Konkurrent den zweiten vor dem ersten Zug und stellte eine Figur ein, anstatt klar besser zu stehen. Hatte ich also noch einmal Glück gehabt.
Danach analysierte ich noch mit meinem Gegner, der ganz gut Deutsch sprechen konnte und mir seinen Eröffnungsaufbau empfohlen hat (ich soll ab der nächsten Partie auch Stone Wall im Anzug spielen!!!).
Hanna Marie war auch schnell fertig und wir liefen immer auf- und abwärts um Steckdosen zu suchen oder bei Judith gucken zu gehen, denn sie hatte ein spannendes Endspiel mit Mehrqualität, welches sie sicher verwertete.
Doch diesmal waren Hanna Marie und ich allein beim Mittagessen, weil Judith noch kämpfen musste. Wir genossen "macédoine et oeufs durs" (es schmeckte wie Nudelsalat bloß ohne Nudeln und mit zwei Eihälften), blanc de volaille à l'estragon - gratin et poêlée légumes" (Putenbrust mit Bratkartoffeln und Gemüse), "yaourt, tarte aux pommes" (Apfelkuchen). Bis zur Siegerehrung war noch einiges an Zeit und wir, vor allem Hanna Marie und ich, vertrieben uns die Zeit mit ihrem Laptop und einigen Internetseiten. Die Siegerehrung sollte 18:00 Uhr beginnen, doch schon eine Stunde vorher wurde mit einem Tanz einer Kindergruppe aus Cappelle und einem anschließendem lebenden Schachspiel fortgefahren. Dafür wurden die beiden Jugendweltmeister aus Peru nach vorn geholt und eine Partie von ihnen vorgespielt. Sie hatten die Aufgabe den lebendigen Schachfiguren das richtige Feld zu zeigen. Problematisch war nur, dass keiner der beiden Französisch verstand und der Sprecher so alles in seiner Muttersprache und Spanisch erzählen durfte.
Zur Siegerehrung wurden auch wirklich nur die Sieger aufgerufen, das heißt, dass diejenigen, die zum Beispiel einen Kategoriepreis bekamen, aber nicht erste in ihrer Kategorie waren, nach der Siegerehrung nach vorn gehen mussten, um eventuell aufgerufen zu werden. Judith musste sich nach vorn quälen und warten. Auch war es gar nicht so einfach, z.B. deutsche Namen einmal in französischer Aussprache zu verstehen. Aus Judith Fuchs wurde nämlich " Jüdiet Füsch". Natürlich gab es noch mehr solcher lustiger Umdeutungen. Leider gewann nur Judith von uns dreien einen Preis.
Judith landete mit 5,5 Punkten auf Platz 140 von 653 Teilnehmern. Hanna Marie und ich hatten mit jeweils 5 Punkten die Plätze 231 und 266. Ich hatte zwar meinen Startplatz verbessern können, aber Elo habe ich garantiert verloren :-(
Nach der Ehrung konnte man an einem kleinen Buffet Kekse in sich reinstopfen oder sich mit Sekt und Orangensaft den Bauch füllen. Doch uns war eher nach einem richtigen Abendessen und da kein Abendessen in unserem "Reiseführer" angegeben war, waren wir schon drauf und dran uns auf den Weg zu einem Restaurant oder ähnlichem zu machen, als die Tür zum Speisesaal geöffnet wurde und wir der Masse folgten.
Es gab unter anderem Thunfischbrötchen, Sandwiches getoastet und normal, Käsewürfel, Fischspieße, belegte Schnittchen und natürlich Weiß- und Rotwein, aber auch Wasser und Orangensaft.
Hanna Marie und ich hatte uns es gerade gemütlich gemacht, als Stephan Gouvart auf uns zukam, um uns leicht unverständlich mitzuteilen, dass es ein Problem mit unserem Hotel gab und wir jetzt hinfahren müssten, um unsere Sachen zu holen und in ein anderes Hotel zu fahren. Im ursprünglichen Hotel angekommen, wollten wir uns geradewegs zu unseren Zimmern bewegen, wurden aber zurückgerufen, denn unsere Sachen waren schon fertig gepackt an der Rezeption. Unsere einzige Sorge war dabei, ob auch alles von den Putzfrauen eingepackt wurde.
Aber ein bisschen freuten wir uns auch auf das andere Hotel, denn es war wesentlich besser als das erste. Doch ohne Eurosport im Fernsehprogramm waren wir ein kleines bisschen aufgeschmissen, aber zum Glück wurden die wichtigsten Sachen auf France 3 und France 2 übertragen.

Sonntag, der 21. Februar 2010

Der letzte Tag begann schon 6:30 Uhr, denn der Bus nach Brüssel sollte 7:30 Uhr von den Hotels losfahren. Das Frühstück im "Ibis" war ein ganz anderes als im "Premiere Classe". Es gab Wurst und Käse und vor allem auch Croissants!
Die Busfahrt verlief angenehmer als auf der Hinreise und da Judith und ich sowieso erst gegen 18:00 Uhr zurück nach Hause fliegen würden, brauchten wir uns auch keinen Stress zu machen, dass wir eventuell unseren Flieger verpassen könnten. Ganz im Gegensatz zu E. Rosentalis, der sich ziemlich beeilen musste, um seinen Flug noch zu erwischen.
Wir mussten also noch acht Stunden am Brüsseler Flughafen totschlagen, ehe wir wieder auf dem Weg nach Hause waren. Wie wir später feststellten waren es sogar neun, denn die Maschine kam noch aus Gebieten, die schlechtere Witterungsbedingungen hatten als in Brüssel und sich so verspätete.
Davor vertrieben wir uns die Zeit mit Lesen, Reden oder Herumlaufen und den Airport erkunden. Wir gönnten uns sogar ein leckeres Baguette zum Mittagessen. Danach musste uns Hanna Marie verlassen, denn sie flog schon zwei Stunden eher über Zürich nach Frankfurt am Main. Aber auch wir verbliebenen beiden konnten uns langsam auf den Weg machen, unsere Koffer abgeben, die Bordkarten in Empfang nehmen und durch die Sicherheitskontrollen gehen. Und wie ich schon erwartet hatte, wurde ich wieder einmal herausgezogen und gefilzt. Doch auch diesmal fand die Sicherheitskraft keine unerlaubten Gegenstände oder ähnliches. Vom Sicherheitscheck aus durften, wie auch schon bei der Ankunft gefühlte zwei Kilometer bis zu unserem Gate laufen (es war wirklich das allerletzte Gate!), aber zu meiner Freude empfing uns dort ein Fernseher mit der Olympiaübertragung und ich war einigermaßen zufrieden. Als ich von meinem Gang auf die Toilette wiederkam, saß eine ältere Dame bei Judith und fragte sie über alle möglichen Dinge, das Fliegen betreffend und speziell über den Brüsseler Airport, aus.
Wie oben schon erwähnt verzögerte sich unsere Abflugszeit um über eine Stunde, aber das war für mich kein Problem, denn ich wurde von meinem Vater in Berlin abgeholt. Nur Judith wollte noch ihren Zug erwischen!
Auf der Rückfahrt wurden wir noch von dichten Nebelschwaden heimgesucht, aber wir kamen trotzdem gesund und mehr oder weniger munter zu Hause an.
Danke für eure Geduld den gesamten Text zu lesen :-)

Pauline

Bildquelle: Wikipedia fr

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