IX. Dubai Open 2007

Dubai-Tagebuch, Teil 3

23. April 2007: Dubai

Wüstensöhne Ok, der Tag war natürlich geschenkt. Gegen 14 Uhr aufgewacht, die Bilder der Nacht noch bearbeitet und wenigstens noch geduscht, bevor ich mich zur nächsten Runde sputen muss. Im Klub hastig noch einen Saft und ein paar Kekse als Frühstücksersatz eingeworfen und schon sitze ich wieder am Brett. Die Eröffnung ist sichtlich für uns beide Neuland und wie tags zuvor ist mein Gegenüber sichtlich unzufrieden mit dem Verlauf. Maia typisch Und ebenfalls wie tags zuvor muss ich ihm zum Schluss in Zeitnot noch etwas zu seinem ersten Punkt unter die Arme greifen. "Nice match ("Schönes Spiel!")!" konstatiert er im Gehen. Bei der anschließenden Analyse mit seinen Landsmännern kommen auch entsprechend nur für Schwarz angenehme Stellungsbilder zum Vorschein. Allein, gute B-Noten schmecken wie Honigtropfen auf Rosenkohl.
Andi vs. Kruttika Nadig Auch Rolf geht noch mal sang- und klanglos unter und Andi kann sich auch gegen Kruttika Nadig seines Frauenkomplexes nicht entledigen. Null aus sechs sind fürwahr eine stolze Bilanz der deutschen Teilnehmer. Wenn es so weitergeht, wird sich keiner von uns das Abendessen verdienen.
Bestnoten verdienen sich dagegen mittlerweile die Organisatoren. Sie haben es geschafft ein Hotellobby hochwillkommen klassisches Bulletin zu erstellen. Beim Durchblättern der abgedruckten immerhin 26 Partien aus der ersten Runde fallen die seltenen aber doch immer wieder vorkommenden Remisen auf. Humpy Koneru tat sich trotz oder wegen sichtlich verlorener Pfunde sowohl in Runde 1 (52 Züge) als auch in Runde 2 recht schwer und ließ dort ebenso einen Halben liegen wie Jaan Ehlvest. Die Auftaktüberraschung schlechthin gelang dem usbekischen IM Kayumov, der es gegen die 350 Punkte leichtere Iranerin Shirin Navibi fertig brachte, nach bereits 11 Zügen ersatzlos eine ganze Figur los zu werden.

Null aus sechs beim Libanesen Diesmal komplettiere ich die Nullsummler mit dem Spielerbus in deren Hotel, von wo wir uns indes gleich wieder auf die Suche nach kulinarischen Pfründen begeben. Obwohl es praktisch kaum ein Haus in Dubai ohne Ladenzeile mindestens im Erdgeschoss gibt, so finden sich jedoch kaum Restaurants, sondern eher etliche Straßenimbisse. Gegessen wird offenbar entweder nur so zwischendurch, günstig oder bevorzugt daheim. Ein Libanese wird zum glücklichen Empfänger dreier Gäste. Das Essen ist zwar Kameluhr nicht so gut wie erhofft, aber die hiesige allgemeine Freundlichkeit und Servicebereitschaft sowie das Gratis-Dessert gleichen alles wieder locker aus. Mit Andi mache ich mich auf den Weg in sein Standard-I-Café – jenes "berühmte" aus seinem vorjährigen ChessBase-Bericht mit der WLAN-Verbindung zum Bürgersteig. Letztes Jahr noch mit Blick auf eine Allee verdirbt nun allerdings eine langgezogene Bauwand das Ambiente. Bauen ist ja neben Geldverdienen ohnehin die Lieblingsbeschäftigung in diesem Emirat, aber dieses Projekt ist trotz aller Superlative hier dennoch eine bemerkenswerte Besonderheit. Nach all' den architektonischen Rekordbauten kam den Oberen vielleicht erst durch die zunehmend hoffnungslose Metrobaustelle Verkehrslage arg verspätet in den Sinn, was wohl noch zu einer modernen Stadt gehören mag: Die Metro! Die Vorstellung von Arabern, welche eine U-Bahn in den kargen Boden stampfen und diese dann auch tatsächlich benutzen, entbehrt ungeachtet allen High-Techs vor Ort nicht einer gewissen surrealen Anmut. Nichts scheint unmöglich hier, aber die Vermutung liegt nahe, die Metro sei vor allem für die unzähligen Gastarbeiter gedacht. Dann kämen die Luxusschlitten der Metrobauwand einheimischen Minderheit vielleicht wieder etwas besser voran. In jedem Fall aber ein gewaltiges Projekt, gerade abgefahren und gigantisch genug für die Macher-Mentalität - wir haben eine Idee, also setzen wir sie um und zwar jetzt im hier und heute. Kosten spielen wie üblich keine Rolle. Fürwahr ein Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Und es hat zumindest mit seinen fantasiereichen Ambitionen schon längst allen bisherigen Titelträgern den Rang abgelaufen.

Sarkis mit dem kleinsten und dem größten Mann der Welt Sarkis ruft an, ob wir noch etwas unternehmen wollten. Na klar. Er führt uns in eine Diskothek auf der anderen Seite des Creek, dem Stadtteil Bur Dubai. Höhepunkt dort ist das paarweise Erscheinen des angeblich kleinsten und größten Mannes der Welt. Immerhin reicht der Kleine dem Großen gerade mal bis an den Gürtel. Es ist laut und nach ein paar Drinks schütteln wir die sich in den Hotelrefugien stets einstellende Damenbegleitung wieder ab. Der Tag will noch aufgezeichnet sein.

Shabe kheir!

Mikly

(Fortsetzung folgt)

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