1./2. Runde in Plauen
Ohne Springer und Gabel?
Am (vor)vorletzten Wochenende begann die Oberliga Ost in der Saison 2025/2026. Für uns hieß dies den langen, beschwerlichen, aber dennoch nicht unbeschaulichen Weg in die Spitzenstadt Plauen auf uns zu nehmen.
Für mich begann die Reise am Samstag in einem gnadenlos überfüllten Regionalexpress mit nur einer funktionierenden Toilette (zu meinem Leidwesen nahe meines Sitzplatzes – immerhin hatte ich einen ergattern können). Dieses eine Örtchen wurde dann auch noch von einer Dame nach einer offenbar durchzechten Nacht als Bett umfunktioniert. Sehr zum Leidwesen der zwischenzeitlich mehr als 10 Personen umfassenden Warteschlange (Danke an die Person, die die nette Frau irgendwann wachklopfte).
Ich nahm es als gutes Omen und versuchte neben wutentbrannten wartenden zur-Toilette-gehen-Wollenden meine Vorbereitung zu checken. So richtig effizient ging ich dabei offenbar nicht vor, denn als ich endlich in Plauen angekommen war, hatte ich immer noch keinen Plan, welche Eröffnung ich nun zu spielen gedachte. Als ich dann die Aufstellung unserer Gegner
endlich zu sehen bekam, wurden die Hoffnungen auf eine Stellung, die zuvor am Laptop studiert wurde, vollends zerstört. Denn Nickelhütte Aue stellte lediglich zwei Stammspieler auf, wohingegen wir es immerhin auf eine Quote von 4/8 schafften!
Recht schnell fertig waren Jann, Böhmi, Robert und ich.
Bei Jann gab es ein spannendes Damengambit zu beäugen, bei dem ich mich im Vorbeigehen eigentlich freute, dass die Partie schon im 2. Zug mit 2...-c5 taktisch zu werden schien. Janns Gegner gab im Verlauf das Läuferpaar um die schwarze kurze Rochade zu verhindern. Der doppelte f-Bauer wurde auch gleich unter Beschuss genommen und von einem Monsterspringer auf d5 herausgefordert. Praktisch hatte ich mir hier für Schwarz mehr erhofft, aber nach einer Turm gegen 2 Figuren Abwicklung konnte Jann nicht mehr lange bestehen.
Das Duell der Christiane (oder Christians?) ist normalerweise eine Zitterpartie für uns, da Christian Pössel in den letzten Jahren ganz gut gegen uns punkten konnte. Man entschied sich hier für einen klassischen Katalanen, der m. E. die Remisbreite nicht wirklich verließ. Böhmi ließ nix anbrennen und sicherte die Punkteteilung.
Robert stand durchweg etwas besser, verpasste aber wohl eine gewinnträchtige Abwicklung. Ohne Kontrolle über
die offene a-Linie wurde sich folgerichtig auf Unentschieden geeinigt.
Ich hatte in meiner Partie hingegen etwas mehr Glück. Nach einer ungenauen Zugfolge im Italiener konnte ich
ziemlich zügig einen Bauern einsammeln und wollte diesen nicht wieder rausrücken. Aus irgendwelchen Gründen verplämperte ich dennoch sehr viel Zeit in der Eröffnung und öffnete ohne Not auch noch den Königsflügel, sodass die Partie nochmal zu kippen drohte. Gerade als ich dachte, taktisch einen Todesstoß gefunden zu haben, parierte mein Gegner meine Garde mit einer gemeinen Riposte, so dass ich mich gezwungen sah ein Dauerschach anzustreben. Der schwarze Monarch wollte sich seinem Schicksal nicht ergeben und marschierte etwas übermütig aus dem Schutz seiner Rochadebauern nach vorn, so dass ein
Doppelangriff mir in Zeitnot die Partie gewinnen konnte.
Zwischenbilanz 2:2, wobei ich mir nach einem weiteren Rundgang bereits Hoffnung auf einen Mannschaftssieg machen durfte.
Denn Sebi verwaltete einen sehr vielversprechenden Königsangriff. Sebastian hatte Weiß gegen Ralf Schnabel - damit ist eigentlich zur Eröffnung auch schon alles gesagt, denn dass hier 1.e4-Sf6 (Aljechin) gespielt wird, war wohl für niemanden eine Überraschung. Dennoch gefiel mir die Eröffnungsbehandlung von Sebi nicht so richtig. Ich glaube, beide Spieler waren
schnell aus der Theorie raus und rangen um die strategische Vorherrschaft im Zentrum. Sebi durchbrach aber im entscheidenden Moment das vorgerückte Bauernbollwerk des Schwarzen und konnte alsbald eine Mattdrohung aufstellen, die nur durch Damenaufgabe
verhindert werden konnte. Sieg für Löberitz an Brett 3!
Gegen Alex wurde ein Reti zelebriert. Es wurde strukturtypisch sehr strategisch herummannövriert und sich abgetastet – letzten Endes stand die Partie nie so wirklich auf der Kippe und die Friedenspfeife konnte geraucht werden.
Das Ehepaar Otikova-Schüze spielte bis zum bitteren Ende. Elina spielt die Ragosin-Variante im Damengambit und kam sagenhaft
solide aus der Eröffnung. Es wurde so viel Material abgetauscht, dass irgendwann nur noch Damen und Bauern übrig blieben. Dieses Damen-Endspiel war aufgrund eines weißen Einzelbauern minimal vorteilhaft für Elina einzuschätzen, praktische Siegchancen entstanden daraus aber nicht.
Eher Siegträchtig mutete Normans Partie an. Ein Spanier mit entgegengesetzten Rochaden, bei dem Weiß am Königsflügel fast unbehelligt schalten und walten konnte. Ganz so einfach machte man es Norman aber dann doch nicht – Schwarz vertrippelte auf der d-Linie und so mussten dann auch einige Schwerfiguren getauscht werden, was das Mattpotential der Stellung deutlich dezimierte. Wo dann genau eine Ungenauigkeit die Partie in Remis beendete, habe ich nicht mitbekommen. Das Ergebnis sicherte uns den Mannschaftssieg und ist darum natürlich auch als Erfolg zu werten ;-).
Während sich Robert und Alex zu einem Cagefight aufmachten, um sich mit Kampfgeist, Siegeswillen und Motivation für Sonntag auszustatten, machte sich der Rest der Truppe in derselben Absicht auf den Weg zu Ganesha.
Dort angekommen wurde eigens für uns ein unbenutzter Restaurantflügel ausgeleuchtet und hergerichtet und wir konnten über den Tag philosophierend, ohne-Furcht-und-Adel-spielend, ausgelassen auf unser Essen warten. Einen indischen Kräutertee – oder zumindest irgendwelche Kräuter bekam Reyk leider nicht.
Dafür schmeckten Lukass die indischen Pommes umso besser. Insgesamt mundeten die Speisen, obgleich wir doch recht lange darauf warten mussten.
Die Zeit nutzten wir um mittels KI die Performance der Mannschaft zu bewerten und uns eine professionelle Einschätzung zu holen, wer denn am nächsten Tag spielen solle. Chatgpt bestätigte uns schnell, dass wir je nach Verfügbarkeiten und Tagesformen gut aufgestellt sind – einzig Norman wurde durch die Blume gesagt kein Stammbrett mehr zugetraut. Da die
KI aber die Weltherrschaft noch nicht an sich gerissen hat, (Wo ist Brain, wenn man ihn braucht?), habe ich vorerst noch die endgültige Verfügungsgewalt über die Aufstellung und so durfte Norman natürlich Sonntag spielen.
Von den sonntäglichen Partien habe ich live gar nicht so viel mitbekommen, da ich selber schon in der Eröffnung unter Druck geriet. Mein Gegner eröffnete mit Damengambit und da ich kürzlich erst einen Jugendlehrgang zur Karlsbader Struktur gehalten hatte, fühlte ich mich befähigt diese auch auf dem Brett zu verwalten. Allerdings verpasste ich den Ausgleich treffsicher, indem ich den typischen Entlastungszug Se4 ausließ. Ich blieb also auf Bauernschwächen am Damenflügel hängen und von Gegenspiel war kaum etwas zu sehen.
Mein Gegner nahm jedoch einen vergifteten Bauern, was mich durch ein taktisches Motiv die Partie gewinnen ließ.
Auch Sebi hatte Damengambit auf dem Brett, schaffte es aber geschickter den weißen Minoritätsangriff am Damenflügel abzufangen. Übrig blieb dennoch ein Isolani auf d5 – doch durch die aktiven schwarzen Leichtfiguren kam Sebi nicht in
Bedrängnis. Remis wurde vereinbart.
Bei Robert kam es bei einer Art Katalanisch zu einen sehr komplexen Kampf um die offenen Linien. Die Partie wurde anderenorts schon detailliert auseinandergenommen (wobei Robert eine hübsche Gelegenheit ausließ – Analyse folgt). Auf etwas Zählbares am Spitzenbrett ist eben Verlass und sei es ein Schwarzremis gegen einen Großmeister.
Bei Böhmi machte ich mir schon nach wenigen Zügen keine Sorgen mehr. Er hatte seine Geheimwaffe das Colle-System akkurat in Stellung gebracht und bekam eine angenehme Stellung aufs Brett. Auf einen langen Kampf hatte zum Sonntag am 6. Brett aber keiner der beiden Muße – so kam der Remisschluss schon im Mittelspiel.
Normans Partie sah mir nach Grünfeld aus und mit besserer Bauernstruktur saß Norman bis ins Mittelspiel auf dem Fahrersitz. Mit Bauer mehr ging es dann in ein vielversprechendes Damenendspiel.
Gewinnen konnte Norman es leider nicht, so stand das nächste Remis im Spielberichtsbogen.
Den Big-Point der Runde holte sich Alex. Hier wurde ruhig mit 1.Sf3 eröffnet und in dessen Folge entstand eine Katalanisch-Struktur. Im Endspiel war das Läuferpaar entscheidend und Alex konnte souverän verwandeln.
Janns Partie startete unschuldig ebenfalls auf Englische Art und einem symmetrischen Zentrum. Weiß konnte im
Verlauf im Zentrum Raum gutmachen und schließlich mit einen Bauern am Damenflügel gewinnen.
Janns Gegner stiftete als Konter am Königsflügel einigen Unfrieden und auf einmal war alles wieder völlig unklar. Die Kiebitze waren sich schon einig, dass das entstandene Damen-Turm-Endspiel aussichtslos war – doch ließ der Schwarze eine
Gewinnkombi aus und so konnte Jann im letzten Moment die Damen tauschen um das rettende, remise Turmendspiel zu erreichen.
Auch bei Elina entstand schnell ein spannendes Endspiel mit Läufer- und Turmpaar auf beiden Seiten. Gewinnversuche wurden auf beiden Seiten gemacht, aber auch hier stand am Ende die Punkteteilung. Der Sonntag ging also insgesamt mit 5:3 für Löberitz in die Annalen der Oberliga-Geschichte ein.
Damit setzt unser Mannschaftsschiff seine Segel auf den Kurs in Richtung Klassenerhalt. Schauen wir mal, ob wir in Berlin genauso erfolgreich sein können!
Die Heimreise war schnell erledigt, da sich leider für das Peter-Hahne-Bullshit-Bingo auf der Gegenkundgebung während der Parallelveranstaltung in Plauen keine Mehrheit fand. Dafür gab es noch eine Frittierwurst und Schnitzel im lokalen Biergarten – auch OK.
Frido
Nickelhütte Aue II | SG 1871 Löberitz | 3,5:4,5 | |
---|---|---|---|
1 | FM Ludvik, Tomas | FM Stein, Robert | ½ |
2 | FM Cerveny, Petr | FM Kitze, Alexander | ½ |
3 | Schnabel, Ralf | Pallas, Sebastian | 0-1 |
4 | Heinz, Jürgen | CM Tiarks, Jann-Christian | 1-0 |
5 | WIM Kunze, Kerstin | Schütze, Norman | ½ |
6 | Pössel, Christian | Böhm, Christian | ½ |
7 | Heinz, Thomas | Mertens, Fridolin | 0-1 |
8 | Schramm, Torsten | WFM Otikova, Elina | ½ |
SG 1871 Löberitz | SK König Plauen | 5:3 | |
---|---|---|---|
1 | FM Stein, Robert | GM Gdanski, Jacek | ½ |
2 | FM Kitze, Alexander | Zähringer, Daniel | 1-0 |
3 | Pallas, Sebastian | Melestean, Timur | ½ |
4 | CM Tiarks, Jann-Christian | FM Kunze, Carlo | ½ |
5 | Schütze, Norman | Hassemeier, Mika | ½ |
6 | Böhm, Christian | FM Kuraszkiewicz, Michael | ½ |
7 | Mertens, Fridolin | Melestean, Maxim | 1-0 |
8 | WFM Otikova, Elina | Hörr, Matthias | ½ |
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