Cappelle La Grande, Frankreich 2010 (I)

Freitag, der 12.Februar 2010

Cappelle La Grande Gegen 11:00 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Naumburger Hbf. Mein Zug fuhr 11:24 Uhr zum Berliner Hbf. Eigentlich wollte ich mich dort mit Judith Fuchs, vom SC Leipzig Gohlis, treffen, aber als ich an meinem Gleis stand, schien sie nicht da zu sein und ich stieg in die Regionalbahn Richtung Berlin Schönefeld-Flughafen ein. Doch leider saß ich nicht in der geplanten Regionalbahn sondern in einem Wagen der Deutschen Bahn, der für die ausgefallene S-Bahn zur Verfügung stand. Ich musste also in Berlin Südkreuz aussteigen. Zum Glück hatte, die Bahn, mit der ich ursprünglich fahren wollte ein bisschen Verspätung, sodass es kein Problem darstellte noch den richtigen Zug zu erreichen, da er sowieso über Berlin Südkreuz gefahren wäre. Am Flughafen angekommen entdeckte ich dann Judith.
Nachdem wir unsere Koffer am Schalter abgegeben und unsere Flugtickets ausgestellt bekommen hatten, ging es weiter zum Sicherheitscheck. Und wie zu erwarten war, wurde ich prompt kontrolliert. Natürlich fanden sie nichts Regelwidriges. Die Zeit auf dem Flughafen verging recht schnell und wir konnten in das Flugzeug einsteigen. Aber so einfach war es dann doch noch nicht, denn wir flogen mit EasyJet und diese Fluggesellschaft hat freie Platzwahl. Man kann also noch um die 10 EUR extra bezahlen, um sich als Nutzer des "speedy boardings" als erstes einen Platz aussuchen zu können. Sobald die Türen geöffnet wurden, ging also das große Rennen um die besten Plätze los. Judith und ich sicherten uns zwei Plätze am Ende des Flugzeuges.
Wegen der schlechten Wetterbedingungen hatten wir ein bisschen Verspätung, aber nach der planmäßigen Ankunft des Flugzeuges hätten wir noch genügend Zeit, bis der Bus vom Brüsseler Flughafen nach Cappelle gefahren wäre. Eine der Stewardessen begrüßte uns zum Flug nach New York, was uns aber nur kurz besorgte, da sie daraufhin noch die Zwischenlandung in Brüssel erwähnte. Abgesehen davon, wäre die Maschine auch nicht nach New York geflogen. Den zweiten Schreck bekamen wir, nachdem die Stewardess die Ortszeit ansagte und wir uns verzweifelt fragten, ob wir eine Zeitumstellung hätten, aber auch dieser Schreck wurde sofort weggewischt. Nein, Frankreich hat die gleiche Zeitzone wie wir!
Brüssel ist ein riesiger Flughafen. Wir folgten den Schildern zur Gepäckausgabe, aber diese waren nicht immer ganz eindeutig und nach einigen Doppelrunden, die wir liefen, fanden wir den richtigen Weg. Unsere Beine wollten uns sagen, dass wir mindestens zwei Kilometer zurückgelegt haben müssen. Aber auch mit Gepäck hörte das Suchen und Herumlaufen nicht auf, denn schließlich mussten wir noch den Bus finden. Also war der erste Weg, der aus der Vorhalle raus und nach rechts und links gesehen, da war aber leider nichts zu entdecken, also wieder in die Halle rein und da erkannte Judith zum Glück ein paar andere Schachspieler. Jetzt musste also nur noch Hanna Marie Klek vom SC Erlangen ankommen. Natürlich verspätete sich auch ihr Flug und einige der Schachspieler machten Anstalten sich in Richtung des Busses zu bewegen. Wir liefen also erstmal ohne Hanna Marie hinterher, um im Bus schon Plätze zu sichern und ihn am Abfahren zu hindern. Das war dann meine Aufgabe und Judith ging die Deutsche Meisterin holen.
Eine halbe Stunde später als die planmäßige Abfahrt konnten wir dann in Richtung Cappelle la Grande starten. Am Palais des Artes angekommen, mussten alle ihre Sachen schnappen und sich einen Platz an den Abendtafeln suchen. Dort wurden dann "potage de légumes" (Gemüsesuppe), "rôti de dindonneau (gebratener Truthahn) - sauce Porto, haricots verts et pommes noisette (Grüne Bohnen mit Kroketten), yaourt aromatisé" (aromatisierter Joghurt) und als Nachtisch "Paris-Brest" serviert.
Im Großen und Ganzen lief also alles ganz gut, jetzt war bloß noch unsere Frage zu klären, in welchem Hotel wir untergebracht sind. Aber auch die Antwort auf diese Problematik lies nicht lange auf sich warten, als eine der Kellnerinnen unsere Namensschilder einsammelte und nach ein paar Minuten wiederkam. Sie machte uns verständlich, dass wir ihr folgen sollten und rief nach einem älteren Herrn, dem wir ebenfalls hinterherliefen und unser Gepäck in sein Auto luden. Unser erster Gedanke war: Oh Gott! Wohin bringt er uns ?! Haben die uns vielleicht vergessen und wir müssen jetzt zu irgendeiner Familie, die uns aufnimmt?!
Aber er hielt an einem Hotel namens "Premiere Classe" und regelt den Rest für unsere Zimmerbuchung. Jeder von uns bewohnte einzeln ein Drei-Bett-Zimmer, aber diese waren so klein, dass man zu zweit nicht lange klar gekommen wäre. Leider hatte keiner von uns einen Fotoapparat mitgenommen, obwohl Judith und ich uns einbildeten, diese eingepackt zu haben!?

Samstag, der 13. Februar 2010

Der Bus zum Spiellokal sollte erst um 12 Uhr losfahren, also trafen wir uns erst 9:30 Uhr beim Frühstück. Zur Auswahl standen Baguette, Toastbrot, süßes Toastbrot, Milchbrötchen, Rührkuchen und zwei Sorten Cornflakes. Zum Belegen der Baguette bzw. Toasts gab es Honig, Marmelade und gesalzene bzw. ungesalzene Butter. Da ich auch zum Frühstück lieber herzhaft esse, bestand meine Wahl meist aus Butterbaguette oder Cornflakes. Die Getränkeauswahl bestand aus Kaffee, kalter oder warmer Milch und drei Sorten Tee (Früchtetee, Grüner Tee mit Pfefferminze und gelbem Tee, für mich schmeckte der wie schwarzer Tee?). Danach verzog sich wieder jeder auf sein Zimmer und vertrieb sich die nächsten zwei Stunden durch Lesen, am Laptop Arbeiten (wir hatten leider kein Internet, obwohl es welches geben sollte!) oder Olympische Winterspiele auf Eurosport, France 2 oder France 3 gucken.
Kurz vor 12 Uhr trommelte uns Judith zusammen und wir machten uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Wie auch zu jedem anderen Essen gab es auch zu unserem ersten Mittagessen Rotwein, Wasser, Obst und Weißbrot. Diese Sachen lagen immer griffbereit und in ausreichender Menge auf den Tischen. Als Mittagessen wurde "Quiche Lorraine (Flammenkuchen), navarin (Lamm) - Printanière de légumes et tomate provencale, fromage (Edamer), beignet au chocolat" (Schokoladendonut) serviert.
Nach dem Mittagsmahl wurde dann noch zwei Stunden auf die Eröffnung gewartet. Natürlich waren die Auslosungen schon ein bisschen eher veröffentlicht worden und so saßen viele an ihren Laptops, um sich vorzubereiten. Andere wiederum saßen auch an ihren Laptops, waren aber im dortigen Internet beschäftigt.
Hanna Marie und ich fanden sogar die Zeit uns ein kleines bisschen in der Stadt umzusehen, denn wir suchten einen Laden, um Getränke zu kaufen. Schon nach kurzer Zeit entdeckten wir einen.
Irgendwann fing die Eröffnung dann aber auch an und wir bemerkten, dass der ältere Herr, der uns gefahren hatte, doch ein wichtiger Mann war und eine wichtige Position in der Organisation inne hatte.
Jedenfalls waren wir drei in der zweiten Gruppe des beschleunigten Schweizer Systems und unsere Gegner waren nominell schlechter. Meine Partie war recht schnell vorbei. Mein Gegner schlug mit Englischem Angriff auf, zog aber statt der Hauptvariante mit g4 im 10. Zug h4, ich spielte einfach meine Theorie weiter runter und stand dann nach weiteren 7 Zügen auf Gewinn.
Auch Judith gewann schnell, nur Hanna Marie hatte ein bisschen Probleme, konnte den Gegner aber nach und nach überspielen. Zum Abschluss des Tages gab es wieder ein Drei-Gänge-Menü: "Potage (Gemüsesuppe), paupiette de poisson sauce Normande (Fisch) - riz et carottes à la crème (Reis und Karotten), yaourt (Joghurt), tarte au pommes" (Apfelkuchen). Danach durfte mal wieder gewartet werden, diesmal auf den Bus. Dies war auch der einzige Tag, an dem der Bus mal eher fuhr und glatt hatte ihn unser Freund aus Puerto Rico verpasst.

Sonntag, der 14. Februar 2010

Auch dieser Tag fing wie der letzte sehr ruhig mit einem gemütlichen Frühstück gegen 9:30 Uhr an. Danach bereiteten wir uns auf unsere nun doch wesentlich besseren Gegner vor und vertrödelten die Zeit bis zur Abfahrt des Busses gegen 12:00 Uhr. Im Spiellokal angekommen war die Tür zum Speisesaal wie immer noch nicht offen und wir durften mal wieder warten. Die Warteschlange wurde auch nach und nach länger, doch die Türen wurden erst Punkt 12:30 Uhr geöffnet. Diesmal wurde als Sonntagsschmaus "terrine de poisson sauce cocktail" (Fischpastete mit Cocktailsoße), "fricassée de volaille et frites" (Hühnerfrikasse mit Pommes), "fromage (mimo) und éclaire café" aufgetafelt.
Meine niederländische Gegnerin der zweiten Runde kam leider ein bisschen später, aber doch noch rechtzeitig, um die Partie nicht durch Nichtanwesenheit zu verlieren, was schon nach einer halben Stunde der Fall gewesen wäre. Ich entschloss mich statt dem gewohnten Spanier mal wieder Läuferspiel zu spielen, hatte mich aber auf eine andere Variante vorbereitet und glatt übersehen, dass sie eine ganz andere Zugreihenfolge spielte als geplant. Ich stand also schon nach kurzer Zeit mit Weiß schlechter und mir halfen auch meine kreativen Ideen nicht wirklich weiter. Zuerst musste ich meine Königstellung öffnen, um nicht Matt gesetzt zu werden und übersah dabei, dass sie zwei Bauern gewinnen kann, indem sie ihre Figur opfert und später eine zurück gewinnt. Mit offenem König und Minusmaterial hielt ich es nicht mehr lange aus und gab recht schnell auf. Leider kann ich mich nicht mehr an alle Partien meiner beiden Gefährten erinnern, aber wen es interessiert, der kann zumindest einen kurzen Bericht Hanna Maries auf der Erlangener Schachseite ansehen.
Nach der Runde hatte ich also viel Zeit zum Auswerten, Lesen und natürlich Warten. Worauf ich wartete,ist einfach zu erklären: auf Hanna Marie und Judith und natürlich auf das Abendessen. Diesmal wurde "potage" (Suppe), "boulettes de beouf sauce tomate et coquillette avec gruèyers, (Fleischklöppschen mit Nudeln und Tomatensoße und Käse), sowie "yaourt" (Joghurt) und "gâteu basque" (Kuchen) aufgetischt. Mit uns am Tisch saßen drei Franzosen, zwei davon höheren Alters, wie ich später erfuhr, war der eine, der sich sehr gern mit mir unterhielt, 81 Jahre alt (ich hätte ihn auf Mitte sechzig geschätzt). Der jüngste von ihnen sah für mich aus wie ein schwarzhaariger Dalmatiner und Judith erinnerte er an einen Schauspieler, von dem sie den Namen vergessen hatte, aber trotz alledem war er sehr nett, auch im weiteren Verlauf des Turniers. Überhaupt fiel es mir eher leichter französisch zu verstehen, als es zu reden ...
Bevor der Bus losfuhr hatten Hanna Marie und ich meistens noch den Rechner an und waren im Internet zu Gange, z.B. um zu gucken, welche Ergebnisse des jeweiligen Tages schon von der Olympiade bekannt waren oder andere essentiell wichtigen Dinge.

Pauline

Bildquelle: Wikipedia fr

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