Gibraltar: Interview mit Elisabeth Pähtz

aufgezeichnet im Caleta Hotel Gibraltar, kurz vor dem Abschlussbankett des Schachfestivals

Chemie stimmt zwischen Eli und Simon MK: Elisabeth Pähtz in Gibraltar 2015, herzlich willkommen!
EP: Hi!

MK: Du bist nicht das erste Mal in Gibraltar.
EP: Ich glaube, es ist inzwischen schon das fünfte Mal.

MK: Also ist es eine bei Dir sehr beliebte Veranstaltung.
EP: Es ist wohl bei der gesamten Frauen-Elite ein sehr beliebtes Turnier!

MK: Ja, Turnierveranstalter Stuart Conquest ist offenbar immer sehr darum bemüht, möglichst viele spielstarke Spielerinnen anzulocken, was ihm von Jahr zu Jahr auch gelingt. Du warst in diesem Jahr aber in einer ganz besonderen Rolle dabei, nämlich nicht als Spielerin, sondern, ich glaube zum ersten Mal in Deinem Leben, als Live-Kommentatorin.
EP: Ja, genau.

Kopf des Turniers in Gibraltar: Stuart Conquest MK: Wie gefiel es Dir?
EP: Das war eine sehr interessante Erfahrung! Ich hätte es mir anfangs etwas schwieriger vorgestellt, aber glücklicherweise stimmte die Chemie mit Simon (Anm. der Redaktion: Der britische Co-Kommentator und Buchautor GM Simon Williams).

MK: Wie kam es zu dieser Paarung mit Simon und Dir, war das von Stuart so arrangiert worden?
EP: Nun ja, Simon hat das schon die letzten 3 Jahre gemacht, zusammen mit Irina Krush. Aber Irina wollte dieses Mal unbedingt wieder selbst spielen und so hat Simon nach Ersatz gesucht und dieser Ersatz sollte nicht allzu schüchtern sein.

Die Live-Kommentatoren beim Bankett MK: Was ist denn die besondere Herausforderung bei so einer Live-Kommentierung?
EP: Oh, das ist eine gute Frage. Ich denke, es ist vor allem wichtig dass die beiden Kommentatoren ein gutes kommunikatives Verständnis füreinander haben. Dann sollte man in der Lage sein, Schach mit interessanten Geschichten drum herum zu kombinieren. Denn man kann nicht die ganze Zeit über Varianten reden, sondern muss auch denjenigen Zuschauern einen allgemeinen Einblick verschaffen, die sich in der Schachwelt nicht so gut auskennen.

MK: Was hat Dir an diesem Job besonders gut gefallen?
Konzentrierte Analyse EP: Also, zunächst einmal ergaben sich Lerneffekte, denn wir haben eine ganze Reihe neuer Eröffnungen gesehen, auch von den Topspielern wie etwa Nakamura, der einige neue Ideen gebracht hat. Außerdem war es ganz angenehm, die von uns berechneten Varianten häufig dann auch tatsächlich auf den Brettern zu sehen. Das gab einem das gute Gefühl, im Vergleich mit den Topspielern doch nicht ganz so blind zu sein. Und dann war die Stimmung im Live-Studio sehr gut, wir hatten viele Besucher. Es kamen auch einige Topspieler, die ihre Partien zeigten. So hatte man die Möglichkeit mit Spielern wie Svidler oder Nakamaru mal eine Partie zusammen anzuschauen, das ist selten.

MK: Selten ist es auch, Spieler wie Nakamura, Svidler oder Topalov überhaupt als Teilnehmer in einem Open anzutreffen.
EP: Wohl wahr.

Tania rackert für die Tageszusammenfassung MK: Reizt dieser Umstand denn nicht, doch lieber wieder selbst zu den Figuren zu greifen statt nur darüber zu reden?
EP: Prinzipiell ja, aber ich habe letztes Jahr so dermaßen viel gespielt, dass ich über eine Pause mal ganz froh war. Die Liga läuft zwar weiter, aber der Abstand zum Turnierschach mit 7,8 oder 9 Runden hintereinander tut mir jetzt ganz gut.

MK: Deine Freundin Tania war diesmal in wieder einer anderen Rolle hier; sie hat die Tagesreportagen moderiert.
EP: Ja, genau.

MK: Wäre das vielleicht auch mal ein Job für Dich?
EP: Ja, das wäre auch interessant. Wobei, sie hat mir erzählt, dass der Job sehr hart ist, sie musste viel mehr arbeiten als ich. Und daher sei sie sich nicht so sicher, ob sie das nochmal machen würde. Ein hartes Brot. Aber prinzipiell kann ich es mir trotzdem vorstellen, weil ich, so wie Tania, gar nicht schüchtern bin oder Probleme hätte vor der Kamera zu reden. Andererseits aber finde ich diese Kombination mit etwas Schach ganz gut. Denn als Kommentator hat man beides, einerseits das Reden vor der Kamera und andererseits auch die schachspezifischen Inhalte. Das finde ich aktuell spannender.

Nakamura souverän Der Sprecher eines Medienteams (unterbricht): Excuse me, are you recording something?
EP: Yes, we are recording something.
Der Sprecher eines Medienteams: Okay.

MK (nimmt den heruntergefallenen Faden wieder auf): Beim Live-Kommentieren springt man ja von einem Brett zum nächsten. Wie erfolgt da die Auswahl? Habt Ihr alle Stellungen im Überblick und entscheidet spontan, worauf Ihr den nächsten Fokus richten wollt?
EP: Ja, so ungefähr. Wir haben die Top 20 Live-Bretter vor Augen, aber unsere Producer helfen uns. D.h. wir haben ein kleines IPad in der Mitte und darüber geben uns die Producer Anweisungen, also wie bei Schillerstraße, Du kennst doch Schillerstraße, ja, oder?

Tipps von den Producern MK: schüttelt sinnierend den Kopf
EP: Das ist eine Fernseh-Live-Serie, in der die Producer Anweisungen an die Akteure geben wie z.B. ‚Jetzt musst Du ein Lied singen!'. Diese Anweisungen der Producer machen es jedenfalls für uns deutlich leichter, denn die haben einen guten Überblick und können uns aufmerksam machen, wenn an einem der Bretter etwas Interessantes passiert. Dann heißt es also: ‚Jetzt zum Brett Svidler gegen Hou Yifan!'.

MK: Demnach verstehen die Producer auch etwas vom Schach!?
EP: Ja natürlich, die haben auch alle so um die 23, 24 Elo und eben den Überblick. Denn während wir uns grade mit einer Partie beschäftigen, diese mit Varianten analysieren, sehen die, wenn woanders etwas passiert, etwa einen taktischen Einschlag. Dann kriegen wir sofort die Info und können umschalten. Ohne diese Hilfe von außen wäre es trotz unseres eigenen Computers viel schwieriger das alles gleichzeitig zu bewerten.

Topalov im Open MK: So wirkte es nach außen. Man hatte den Eindruck, Ihr würdet entscheiden, wo es hin geht.
EP: Das ist die Ausnahme, die vor allem dann zum Zuge kommt, wenn es an Anweisungen mangelt, also grade nicht so viel passiert. Dann haben wir uns meistens an den Spitzenbrettern aufgehalten.

MK: Was sagst Du zum Ausgang des Turniers? Nakamura hat ...
EP: ... sehr souverän gewonnen. Da gibt es kein Wenn und Aber. Hou Yifan hat mich wie immer beeindruckt. Topalov okay, aber nun ja, vielleicht war es für ihn auch nicht so leicht die Favoritenrolle zu haben. Er ist vermutlich selbst am meisten enttäuscht. Aber auch er hat teilweise hervorragende Partien gespielt, wie zum Beispiel die Partie heute (Anm. der Redaktion: Topalov siegte mit Schwarz gegen den polnischen GM Mateusz Bartel). Trotzdem wird er mit seiner Turnierperformance nicht zufrieden sein.

Papa Thomas mit gutem Turnier MK: Sehen wir Dich nächstes Jahr wieder in Gibraltar und wenn ja, als Spielerin oder als Kommentatorin?
EP: Das bleibt unklar, denn mein Freund wird 30 und ich glaube nicht, dass er so erfreut darüber wäre, wenn ich das dritte Mal in Folge seinen Geburtstag verpassen würde.

MK: Bring ihn doch einfach mit!
EP (lacht): Ja, das wäre die Idee, aber es wird von seiner Arbeitssituation abhängen.

MK: Was macht Elisabeth Pähtz, wenn sie sich nicht gerade mit Schach beschäftigt?
EP: Dann bin ich in Rom, bei meinem Freund.

MK: Du bist Römerin geworden.
EP: Ich bin Römerin geworden. Halbe Italienerin, aber ich spreche die Sprache nicht.

Kommunikation ist alles MK: In Dubai kamst Du grade von einem Engagement aus Indien ...
EP: In Indien spielte ich ein Turnier und besuchte meine Freundin Tania.

MK: Vielen Dank! Das soll für heute genügen. Viel Spaß noch bei Bankett!
EP: Gerne! Euch auch! Bis dann!

EP IM Elisabeth Pähtz
MK Michael Klyszcz

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