Frauen der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz erkämpften den 3. Platz in der 2. Bundesliga

Stammhaus der Linie Merseburg-Sachsen-Zörbig Am Samstag, dem 25. und am Sonntag, dem 26. März 2017 fanden bei Kaiserwetter im ehe-malig herzoglichen Schloss Zörbig unter optimalen Bedingungen die letzten beiden Runden in der 2. Schachbundeliga der Frauen statt.

Ein Ausflug in die Geschichte

Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, denn in der Burg Zörbig machte der aus dem schwäbischen Raum kommenden Stamm der Buziker Ende des 10. Jahrhunderts Station, ehe er seinen Stammsitz nach Wettin an die Saale verlegte. Dort begründete Conrad der Große (1098-1157) einige Generationen später das Haus Wettin, aus dem sich das Herzogtum Sachsen entwickelte und aus dem dann fast alle europäischen Königshäuser hervorgingen. Mit ein bisschen Lokalpatriotismus kann durchaus die Behauptung, dass die Vorfahren der jetzigen englischen Königin Elisabeth II. aus Zörbig stammen, gewagt werden.

Nach dem Weggang der Buziker Richtung Wettin wurde es ruhig um die Burg. Erst nach 1691 begann für Zörbig eine Glanzzeit mit einem ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung. Ursache dafür war die auf Herzog August, dem zweiten Sohn von Christian I. von Sachsen-Merseburg (115-1691), übertragene neue Herrschaftslinie Sachsen-Merseburg-Zörbig.
Dieser neue Familienzweig beruhte auf den letztwilligen Verfügungen seines Vaters Christian I., der entgegen herkömmlicher Erbfolgeregelungen, seinen Besitz und Titel nicht nur auf seinen ältesten Sohn und Erbprinzen Christian II. übertrug, sondern auch noch seine anderen drei lebenden Söhne August, Philipp und Heinrich freigiebig bedachte.
Der alte Wachturm: Zuhause von Zitterlein Mac Sparpfennig Das eigentliche Herrscherhaus wurde durch diese Großzügigkeit natürlich nachhaltig geschwächt, denn Sachsen-Merseburg war rechtlich schon ein Sekundogeniturfürstentum, welches durch diese Erbfolge um einige weitere dieser Art vermehrt wurde. Die Linie Sachsen-Merseburg-Zörbig war, wie die beiden anderen Sprengel in Lauchstädt und Spremberg auch, wirtschaftlich relativ selbständig, die Regierungsgewalt und die Landeshoheit blieben allerdings in der Residenzstadt Merseburg. Herzog August von Sachsen-Merseburg-Zörbig begann nach Regierungsantritt sofort die alte Burg, mit Ausnahme des alten Burgfrieds, abzureißen und ein neues Schloss zu bauen.

Am 27. März 1715 verstarb der Herzog 60-jährig nachmittags gegen 15.00 Uhr in Zörbig und wurde in Merseburger Dom beigesetzt. Er hatte keine männlichen Nachkommen und so erlosch die Sekundogenitur. Das Schloss wurde nicht ganz vollendet und das Dach nicht auf die geplante 2. Etage, sondern schon auf das Erdgeschoss gesetzt.
Die Prinzessin, die ehelos blieb, verstarb am 23. September 1747 in Zörbig. Damit erlosch auch die weibliche Linie im nur über einen kurzen Zeitraum existierenden Herzogtum Sachsen-Merseburg-Zörbig.

Vorschlussrunde

Süßes aus der Region

Doch zurück zum aktuellen Leben im Schloss, das durch keine Prinzessin sondern durch Schachspielrinnen bestimmten wurde. Natürlich waren auch Königinnen mit von der Partie. Dennoch sollte noch einmal daraufhin gewiesen werden, dass der Zörbiger Herzog August fast auf den Tag genau vor 302 Jahren verstarb. Die andächtige Ruhe im Spielsaal war aber nicht unbedingt eine Pietätsbekundung ihm gegenüber, sondern eine spannungsgeladene Wettkampfstille.
Vorab gab es für alle Teilnehmerinnen wieder eine süße Überraschung, wahlweise in Form eines Glases mit Konfitüre, Marmelade, Rübensirup oder einer Flasche Sirup der Zörbiger Firma Zuegg. Hierfür unseren wohlwollenden Dank.

Löberitz vs. Dresden: Spitzenbretter Neben Löberitz gastierten noch TuS Coswig, Blauer Springer Paderborn und SG Grün-Weiß Dresden. Als Schiedsrichter fungierte Dan-Peter Poetke, der Frauenreferent des Deutschen Schachbundes.
Begrüßt werden konnte auch Danas Mann, der Vizepräsident des Lettischen Schachbundes, Andris Ozols. Für die SG 1871 Löberitz war es wichtig, wenigstens eines von den zwei Spielen zu gewinnen, um die 2. Frauenbundesliga mit einem 3. Platz abzuschließen.
Das gelang dann schon am Samstag durch einen überlegenen 5,5:0,5-Sieg über Dresden. Dennoch standen mehrere der taktisch anspruchsvollen Partien auf Messers Schneide. Obwohl die Dresdener harten Widerstand leisteten, war der Sieg in dieser Höhe verdient. Damit war auch der 3. Tabellenplatz gesichert.

Im Parallelspiel setzte sich Paderborn gegen Coswig sogar 6:0 durch. Das Ergebnis in dieser Höhe war dann doch überraschend. Für die jungen Paderborner Mädchen war es die Rettung vor dem drohenden Abstieg.
Als Gastgeschenk hatten sie für die Löberitzer Damen einen Satz Kaffeetassen mit Schachmotiv mitgebracht. Eine geht natürlich ins Museum. Dafür an dieser Stelle unseren herzlichsten Dank.

Siegesfeier im Hause Reiß Schön, dass auch einige Zuschauer vorbei kamen. Übrigens wurde mit nagelneuen Figuren gespielt. Der Kauf hat sich gelohnt. Mal sehen, wie die Löberitzer Männer bei ihrer nächsten Doppelrunde damit umgehen.
Für die Schachgemeinschaft gab es am Abend allen Grund zu feiern. Da wurde auch die "verlorene" Stunde der Zeitumstellung in Kauf genommen. Außerdem kam auch die Gesundheit nicht zu kurz, denn der Rigaer Balsam zeigte seine Wirkung. Gespräche und Gesang in den unterschiedlichsten Sprachen beendeten die Nacht. Als letztes Lied wurde "Der Mond ist aufgegangen" angestimmt. Allerdings in einer Zeit, wo sich der Besungene schon bildlich mit seinem Untergehen beschäftigte.

Ehrung von Finanzministerin und Großmeisterin Dana Reizniece-Ozola

Dana trägt sich ins Goldene Buch ein Am Sonntag fand die Eröffnung im Beisein des Zörbiger Bürgermeisters Rolf Sonnenberger statt. Ein Grund seines Kommens war die Würdigung der Lettischen Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola mit einem Eintrag in das "Goldene Buch" der Stadt Zörbig.
Die Ehrung basiert auf der nun schon 14jährigen Vereinszugehörigkeit, die trotz ihres beruflichen und politischen Engagements bis zum heutigen Tag Bestand hat und natürlich auch auf ihrer gesellschaftlichen Stellung.

In seiner Laudatio betonte Bürgermeister Sonnenberger die sportlichen Leistungen von Großmeisterin Dana Reizniece-Ozola und auch das völkerverbindende Engagement der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz. Dieses konnte die Stadt Zörbig bisher unterstützend begleiten, wie zum Beispiel durch die Bereitstellung des Spiellokales, und wird das auch zukünftig tun.

Finale

Löberitz vs. Coswig: Spitzenbretter

Löberitz gewann mit neuer Aufstellung 4:2 gegen TuS Coswig. Das Ergebnis hätte auch noch höher ausfallen können. Doch am Ende war es nach der kurzen Nacht und dem tapferen Spiel der Coswigerinnen, die sich überdies gegenüber dem Vortag noch verstärken konnten, ein ordentliches Ergebnis.

Hervorzuheben sind die Resultate von GM Dana Reizniece-Ozola, Elina Otikova und Mannschaftsführerin Rebekka Schuster. Alle drei Spielerinnen landeten einen Doppelschlag.

Dresden und Paderborn trennten sich 3:3 unentschieden. Die Dresdnerinnen holten sich damit noch den Ehrenpunkt und die Paderbornerinnen bleiben damit der 2. Frauenbundesliga erhalten. Ob sie dann wieder der Oststaffel zugeteilt werden, bleibt abzuwarten. Auf alle Fälle haben sie den Osten Deutschlands mit seinen blühenden Landschaften und sogar das Schloss Zörbig sowie das Klostergut Mößlitz kennengelernt. Nun, der Löberitzer Schachclub und das Schachmuseum fehlen noch, doch Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben.

Schlussbetrachtungen

Löberitz vs. Coswig: Hinterachse

Die andere Doppelrunde mit den Mannschaften aus Potsdam, Berlin und Leipzig fand im Foyer Audimax am Neuen Palais in Sanssouci statt. Hier trat Allianz Leipzig nicht mehr mit der besten Besetzung an und es genügte ein Remis gegen den ärgsten Widersacher Rotation Berlin. Es stellte sich nun heraus, dass die Meisterschaft bei der gleichmäßigen Beständigkeit der beiden Spitzenmannschaften am Ende schon am Anfang entschieden wurde: Durch das sensationelle Unentschieden der Blauen Springer im Auftaktspiel gegen die Damen von Rotation in Berlin-Weißensee!
Team Löberitz in Zörbig Die Abschlusstabelle der 2. Frauen-Bundesliga Ost hat folgendes Aussehen: Den ersten Platz belegte SV Allianz Leipzig (13 Mannschaftspunkte) vor SC Rotation Berlin (12), SG 1871 Löberitz (10), Blauer Springer Paderborn, USV Potsdam (beide 6), Leipzig-Lindenau, TuS Coswig (beide 4) und SG GW Dresden (1).
Beste Spielerin der Liga wurde am Brett 1 spielend Dana Reizniece-Ozola von der SG 1871 Löberitz mit 6,5 von 7 möglichen Punkten. Elina Otikova spielte an den Brettern 2 und 3. Sie schaffte mit 4,5 aus 7 den 9. Platz im Gesamtfeld.

Dank

Danas Zeitung Dank für die Hilfe und Unterstützung geht an Rebekka Schuster (Berlinfahrt u. Abschlussfeier), Chevaliere Thomas Richter (Vor-Ort-Versorgung und Berlinfahrt), Norman Schütze (Partieneingabe) sowie an die Stadt Zörbig und ihren Bürgermeister Rolf Sonnenberger, der uns das Schloss für die zwei Tage kostenlos überließ.
Dank aber auch allen Damen und Herren, die sich während der Spielzeit durch finanzielle Unterstützungen stillschweigend beteiligten. Hier denke ich vor allem an unsere Gastspielerinnen, aber auch GM Alexander Naumann und die anderen Männer, die an den Frauen-Spieltagen zu Hause den Abwasch erledigen mussten.
Zu guter Letzt: Auch mir wurde gedankt. Unter anderem durch Danas tolle Festzeitung, deren Aussage wohl mehr als übertrieben ist, mich aber außerordentlich beeindruckte.

Konrad

  SG 1871 Löberitz SG GW Dresden 5,5:0,5
1 WGM Reizniece-Ozola, Dana Lowke, Kathrin 1-0
2 Otikova, Elina Kosovska, Olena 1-0
3 Weise, Beatrix Strate, Gerda ½
4 Giebel, Christine Flemming, Peggy 1-0
5 Schuster, Rebekka Peglau, Mirjam 1-0
6 Hoegen, Julia Peglau, Sarah 1-0
  TuS Coswig SG 1871 Löberitz 2:4
1 Richter, Ulrike WGM Reizniece-Ozola, Dana 0-1
2 Pührer, Anne Otikova, Elina 0-1
3 Frübing, Simone Naumann, Nadine 0-1
4 Schmidt, Alexandra Schuster, Rebekka 0-1
5 Moldenhauer, Antje Hoegen, Julia 1-0
6 Böhme-Ziska, Christine Reiß, Josephine 1-0

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