Eine kurze Geschichte der Frauenbundesliga Endrunde, von Gladenbach im Hinterland, und: Wer da in Wehrda?

Pauline, diesmal "nur" FBL-Kiebitz Freitagabend kurz vor acht Uhr teilte mir mein Handy mit, dass eine Nachricht von Mikly angekommen ist: "Schaust du morgen bei der FBL-Endrunde in Gladenbach rein?"
Aber wo ist denn bitte Gladenbach? Eine Studie der Straßenkarte klärt auf, dass es ein Städtchen entlang der B255 hinter Weimar und Niederweimar gleich in der Nachbarschaft von Marburg ist. Aber wie nur soll ich dorthin kommen? Laut Karte führt da sehr wohl eine Bahnstrecke lang, aber es gibt in Gladenbach keinen Bahnhof. Bleibt also nur noch der Bus. Da mein Internet noch nicht funktionstüchtig ist, müssen also mal wieder die Eltern her halten. Das Telefonat ist äußerst informativ. Es ist also eine zentrale Endrunde und es wird noch besser, denn dann ist ja auch der USV Halle dabei. Und tatsächlich findet sich eine recht vernünftige Busverbindung. Also zumindest wenn man sich überlegt, dass jede Stunde ein Bus nach Gladenbach bzw. zurück nach Marburg fährt, das sogar bis kurz nach Mitternacht und dafür so etwa 90 Minuten braucht!
Das Spiellokal sollte auch nicht so weit vom Busbahnhof entfernt sein. Sehr gut, dann steht der Plan für das Wochenende ja! Nur eins trübte die Vorfreude ein wenig: das Chemiepraktikum am Morgen.

Turniersaal Gladenbach Samstag. 06:30 Uhr klingelt der gnadenlose Wecker und eine Stunde später stehe ich an der Bushaltestelle auf dem Weg ins Uniklinikum auf den Lahnbergen zum Pflichtchemiepraktikum. Thema dieses Kurstages war die Hydrolyse von Carbonsäureestern im Besonderen Essigsäureethylester. Im Endeffekt war alles halb so schlimm. Mündliche Prüfung bestanden und viel eher fertig als erwartet. Also konnte ich schon eine Stunde früher als geplant nach Gladenbach aufbrechen. Von der Stadtmitte Marburgs fuhr ich bis dort auch nur eine Dreiviertelstunde. Nun war ich zwar in Gladenbach, hatte aber noch keine Ahnung, wo das Haus des Gastes, der Austragungsort des Schachevents, sein sollte, außer, dass es in der Nähe war. Also fragte ich einen älteren Herren und seinen Enkel. Der Enkel glaubte sich zu erinnern, hatte es dann aber irgendwie wieder vergessen. Ich wollte schon weiter gehen, da fiel es ihm doch noch ein. Einfach die Straße geradeaus hoch und dann kann man es nicht mehr verfehlen. Das war ja einfach.

Brigitte vs. Melie, Judith kiebitzt Und tatsächlich waren da viele bekannte Gesichter. Angefangen mit den Hallenser Spielerinnen Tatjana Melamed und Constanze Jahn, die gegen OSG Baden-Baden zu kämpfen hatten. Tatjanas Gegnerin war sogar die Frau von Fridman! Dann waren da aber noch einige meiner Konkurrentinnen bei den Deutschen Jugendmeisterschaften, wie Anna Endreß, Julia Bochis, Alisa Frey und Ekaterina Jussupow. Aber auch meine alten Teamkameradinnen von Leipzig Gohlis, Judith Fuchs und Melanie Ohme. Und natürlich viele, viele mehr aus der deutschen und internationalen Spitze, wie Viktoria Cmilyte, Elisabeth Pähtz, Ketino Kachiani-Gersinska, Eva Moser, Martha Michna, Manuela Mader, Maria Schöne, Sarah Hoolt, Tatjana Kononenko, Anna Sharevich, Irina Bulmaga um nur einige zu nennen.
Gegen letztere habe ich vor genau zehn Jahren bei der U10 WM auf Kreta in Griechenland gespielt und die Partie gegen sie ist die erste in meiner Datenbank. So sieht man sich also wieder.

Analyse mit Maria Aber dennoch fehlte zum Anfang immer noch eine Mannschaft: Guben. Sie sollten auch nicht mehr kommen und ebenso zum Sonntagsspiel nicht antreten.
Dubiose Tischreihung im Saal: Fortlaufende Nummern ließen nur schwer erkennen, an welchem Brett eigentlich ein Mannschaftskampf begann und wo er aufhörte und welche Spielerin zu welchem Team gehörte. Selbst Insider waren nicht vor Verwirrungen gefeit.

Eva kämpft In den ersten drei bis vier Stunden tut sich beim Turnierschach bekanntlich ja nicht allzu viel und auch dieses Mal war es wieder so. Die meisten Partien wurden in der Zeitnotphase entschieden. Und da gab es so einige Überraschungen. Elisabeth Pähtz kostete mit Schwarz von einem gegnerischen Bauern und zur Strafe packte die Gegnerin, Zoya Schleining, eine nette Kombination aus, die aufgrund der ungleichfarbigen Läufer nicht anders abzuwehren war als mit dem Verlust einer Qualität auf Seiten der Nachziehenden. Das Partieende folgte auf dem Fuß.
Anna kämpft Auch Melanie hatte kein glückliches Händchen gegen Brigitte Burchardt von Rotation Pankow. Erst hatte sie einen Bauern weniger und der weit vorgerückte Freibauer machte ihr ganz schön zu schaffen. Schließlich musste sie mit Turm und Läufer gegen Dame und Freibauer spielen. Die Zeit wurde arg knapp, sodass irgendwann der Läufer verloren ging und somit auch die Partie.
Mit Schwarz behandelte Tatjana ihr Endspiel nicht ganz so gut und so musste sie sich nach langem Kampf gegen Anna Zatonskih geschlagen geben.
Mikly hatte natürlich seinen Fotoapparat dabei und versuchte immer wieder gute Aufnahmen der Protagonisten und Kiebitze zu erhaschen, aber eigentlich war das Licht viel zu schlecht um ohne Blitz eine brauchbare Qualität zu erzielen. Schade, aber ich denke, es sind trotzdem einige ganz nette Aufnahmen gelungen.

Eli in Not Der letzte Kampf dauerte bis halb neun und Mikly bekam allmählich Hunger. Ich hatte ihm ja einen Kohlrabi angeboten, aber den wollte er nicht. Auch Tatjana hätte ein Schnitzel vorgezogen, das konnte ich aber nun wirklich nicht bieten. Und ich versteh' auch nicht, was die beiden gegen einen guten Kohlrabi haben - als meine Mutti gestern zu Besuch war, hatte sie auch welchen dabei :-)
Die Mannschaftsergebnisse waren am Ende dann doch nicht allzu überraschend:

TSV Schott Mainz SV Chemie Guben 6 - 0
Karlsruher SF 1853 Rodewischer Schachmiezen 4½-1½
Bad Königshofen SV Mülheim-Nord 4 - 2
SF Friedberg 1891 Rotation Pankow 4 - 2
OSG Baden Baden USV Volksbank Halle 4 - 2
SV Stuttgart Wolfbusch Hamburger SK 1830 3 - 3

Eine Ausnahme bildet jedoch das letzte Ergebnis. Hamburg hat zwar an den hinteren Brettern Punkte geholt, aber die Spielerinnen weiter vorn konnten nur wenig zum Mannschaftspunkt beitragen. Kurios auch, dass alle drei Mannschaften, die 4:2-Siege einfuhren, jeweils am ersten Brett den Kürzeren gezogen hatten!

Der Grandseigneur Netterweise wurde ich von Mikly nach Rundenende nach Marburg zurück gefahren und wir ließen den Abend beim Inder ausklingen.
Nun ist Marburg eine recht verwinkelte Stadt mit sehr, sehr vielen Einbahnstraßen und mir fiel es deshalb recht schwer, den kürzesten Weg zum Wohnheim zu finden. Nach einigen Irrwegen auf den Marburger Hügeln tauchte aber irgendwann doch noch ein Straßenschild mit dem Stadtteil Wehrda auf. Genau in dem Moment versang sich auch Duffy in ihrem Lied "Warwick Avenue". Ich hörte eindeutig "Wehrda" anstatt "When I"! Ich habe mir das Lied danach noch Mal angehört, aber jetzt singt sie immer wieder den richtigen Text ...
Meine navigatorischen Leistungen wurden am Bahnhof dann noch gekrönt durch die Aussage: "Jetzt geradeaus, also das linksweggehende geradeaus!" Tja, so ist das auf Marburgs Straßen, da kann man nicht mal mehr einfach nur geradeaus fahren ...

Tatjana in Not Am Sonntag begann die Runde schon um 09:00 Uhr. Ich hatte aber keine Lust, so früh aufzustehen und kam erst gegen 11:00 Uhr in Gladenbach an.
Zwar hätten die Lichtverhältnisse am Tag besser sein müssen als am vorigen Abend, aber ich fürchte, sie waren es nicht und dementsprechend sind meine Bilder wahrscheinlich noch schlechter geraten.
Dieses Mal hatte Friedberg das Freilos gegen Guben und Melanie nutzte gleich die Chance, mich für eine Studie im Rahmen ihres Studiums zu gewinnen. Das hat natürlich funktioniert und als Belohnung gab es sogar noch Schokolade für mich ... - wenn das mal keine Motivation ist! :-)
Lagebesprechung beim USV Drei Stunden nach Rundenbeginn wurde auf den meisten Brettern noch ernsthaft gekämpft, doch wieder lief es für Tatjana nicht so besonders. Aber trotzdem konnten ihre Mannschaftskameradinnen noch Brettpunkte gut machen und den Mannschaftssieg sichern, so dass sich Tatjana endgültig auf ihr Spiel konzentrieren konnte.
Elisabeth Pähtz überzeugte auch am Sonntag nicht wirklich und erkämpfte sich ein Remis. An Brett vier dieses Matches saßen sich Judith Fuchs und Maria Schöne gegenüber, aber Judith konnte überzeugen und gewann am Ende die Partie. Hamburg siegte letztlich mit 4:2 gegen Bad Königshofen.

Objekt der Begierde Nach 13:00 Uhr war dann auch die letzte Partie zwischen Ekaterina Jussupow und Zoya Schleining entschieden, die sich bis zuletzt einen sehr spannenden Endspielkampf mit jeweiligen verbundenen Freibauern leisteten.
Als Sieger dieser Saison ging OSG Baden-Baden hervor, gefolgt von Bad Königshofen und dem Hamburger SK. Diese konnten in der letzten Runde Friedberg trotz deren kampflosem 6:0 noch hinter sich halten.
Die meisten Mannschaften waren leider bereits abgereist und so bekam Halle noch den Preis vom Treppchen: eine Gladenbach-Tasse.

Analysen Auf dem Heimweg saßen auch die Spielerinnen von Rotation Pankow mit im Bus. Und da ich in Marburg noch Zeit erübrigen konnte und sie auch noch zwei Stunden bis zur Weiterfahrt hatten, mimte ich spontan die Stadtführerin und zeigte ein paar Sehenswürdigkeiten von Marburg.

In der Nachbetrachtung war es ein durchaus nettes Wochenende und es lebt die Hoffnung, dass bald mal wieder solche Ereignisse in meiner neuen Nähe stattfinden.

Pauline

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