Ísland 2011 (III)

"Die Ringstraße ist kein Problem. Die wird immer zuerst geräumt!"

Erste Sonnenstrahlen in Drangsnes Zum Reihumfrühstück werden die ersten Sonnenstrahlen gesichtet. Niemand lässt sich wenigstens mal ein paar Schritte durch das Dörfchen Drangsnes entgehen, gegen den weiterhin kräftigen Wind. Doch alsbald ruft die Piste zur zweiten Etappe nach Akureyri. Zumeist entlang der Küste gewährt uns der lichte Tag nun weitere Sichten. Einem einsamen Wanderer bieten wir die Mitnahme an, die er freundlich aber bestimmt ‚No problem, thanks.' ablehnt. Bei anhaltend eisigem Gebläse treibt uns die Hoffnung auf Seehundbänke zu einem Abstecher auf die Halbinsel Vatnsnes. Bänke ja, Seehunde nein.
Die Westfjorde Wir halten an einer verlassenen Jugendherberge. Die Tür ist nicht verschlossen. Eine Verlockung für Bedürftige. Der eintreffende und perfekt deutsch sprechende Herbergsvater sorgt verspätet für die Einhaltung des allgegenwärtigen Schuhe-aus-am-Eingang-Gebotes. Eine kurze Wanderung hinunter an die Gestade des Fjordes schüttelt die inzwischen schon etwas eingerostete Sitzhaltung aus den Knochen und zeichnet Reibungsröte auf die Wangen. Der Rückweg zur 1 beschert uns immerhin noch die eindrucksvolle Felsenburg Borgarvirki. Seehundbank Vatnsnes Doch der Regen von gestern mutiert zum Schnee von heute. Immer dichter wirbeln sich die Flocken zu einem ausgewachsenen Schneesturm zusammen. Auf dem letzten Pass der Ringstraße 1, quasi der isländischen Autobahn, geht nichts mehr. Sichtweiten bis unter 10 Meter lassen die Fahrer im Schritttempo durch die weiße Wand navigieren. Andere harren am Straßenrand auf Besserung.

"Wo ist eigentlich Guido?"

"Wer ist Guido?" "Guido ist im dritten Auto."

Coach erstürmt die Felsenburg Borgarvirki Beim mühsamen Weggestocher sorgt zwischendurch ein ungewöhnliches Phänomen für pure Verblüffung. Mitten im Schneegestöber steigt die Außentemparaturanzeige im Wagen plötzlich ziemlich rasant auf etwas über 20° Celsius an! Stimmt etwas mit der Kühlung nicht? Stranden wir kurz vor dem Ziel? Doch, die Fahrbahn ist hier eisfrei! Es kann sich also um einen ganz natürlichen Effekt handeln. Und tatsächlich: wir erfahren später von einem gleichartigen Erlebnis im zweiten Fahrzeug; dort soll die Anzeige sogar auf bis zu 25° angestiegen sein! Als aussichtsreichsten Erklärungsversuch werten wir schließlich geothermische Emissionen auf diesem Streckenabschnitt.
Noch herrscht gute Sicht ... Dem Schneesturm entgegen ... Sicht im Regensturm
Erstmals wird uns hautnah bewusst, dass wir auf der hauchdünnen Decke einer gewaltigen Magmakammer spazieren fahren.

"Ines, Abstand halten!"

Reibungsröte Der Abend ist schon fortgeschritten, als wir nach einer waschküchengrabenechten Schrecksekunde Akureyri durchqueren. Zur echten Belastungsprobe für die angeschlagene Moral der hungrigen Meute wird eine verpasste Richtungsänderung der 1, wodurch wir die 821 in Richtung Süden anstelle der parallel verlaufenden 829 fahren und somit noch einen ziemlich trostlosen Umweg von ca. 50 Kilometer durch die längst hereingebrochene dunkle Nacht nehmen. In der ländlichen Gegend außerhalb der Stadt bemühen wir zur Abwechslung die Klingeln zweier Wohnungen, um uns des weiteren Weges zu vergewissern.
Akureyri Memories Von Süden kommend sichten wir dann endlich das Schild für ‚Öngulsstadir III', doch es handelt sich um einen Irrtum, denn die Behausungen dieser Abfahrt sind reine Privatwohnungen bzw. ein landwirtschaftlicher Betrieb. Es braucht die Überwindung des ansozialisierten Schwarz-auf-Weiß-Glaubens, um ein paar hundert Meter weiter doch noch die gleichlautende, aber richtige Adresse zu finden. Dort betreten wir den Landgasthof durch die unverschlossene Tür und machen uns vergebens bemerkbar. Es ist niemand da. Dafür liegen zwei Schlüssel auf der Rezeptionstheke. Sie sind offenbar für uns gedacht. Es ist nicht das einzige Mal, dass wir auf Ísland das Gefühl von Vertrauen und Sicherheit erleben und auch selber leben dürfen.

Fjordmalerei Wir beziehen Quartier. Und wir stürzen uns auf den betriebsbereiten Online-Computer des Hauses.
Schon die Buchung ein paar Tage zuvor war kurios verlaufen. Im Internet hatte ich mit den verfügbaren Informationen aus dem Reiseführer gar nichts Brauchbares gefunden. Die Telefon- und Faxnummern hatten sich zudem schnell als veraltet entpuppt. Ebenso die Angaben zu einem isländischen Fremdenverkehrsbüro in Neu-Isenburg.
Nicht nur das Wetter wandelt sich auf Ísland ständig.

Schneewehen Schließlich jedoch fanden sich nicht nur die neuen Nummern, sondern auch deren Homepage! Es gab sie! Na prima! Damit sollte sich alles regeln lassen. Doch die Anrufversuche scheiterten erneut und als ich das Kontaktformular auf der Homepage ausfüllte und absandte, da erhielt ich jede Menge Fehlermeldungen, aber keine erhoffte Bestätigung! Es funktionierte nicht. Ich versuchte es per Email. Tags darauf ohne Antwort ermittelte ich angesichts des bereits sehr fortgeschrittenen Datums die Inhaberin auf einem digital verbreiteten Sozialnetzwerk und schrieb sie auf Verdacht dort an. Prompt erhielt ich Rückmeldung! In einer schnellen Dialogfolge wurde dann alles geklärt.

Hot Pot Also melde ich Hrefna nun auch unsere Ankunft via Netzwerk. Und es klappt. Nachdem wir zwecks Diners den deutlich kürzeren Weg nach Akureyri mangels eines geöffneten Restaurants ziemlich vergeblich auf uns genommen hatten, taucht ihr Mann auf.
Er bietet uns an, den Hot Pot im Garten noch mal richtig zu befeuern. Das nehmen wir gerne an.
Fjordlinien Eine gute halbe Stunde genieße ich von dort den Blick auf die Lichter der Stadt Akureyri, mit warm badendem Körper und kalt umwehtem Kopf. Dann kleckern nach und nach weitere Badefreunde in die Gemeinschaftswanne. Coach bringt geistige Getränke mit, moniert die Kühle um sein Haupt und steckt dieses ins .. wärmende Wasser. Ein Fehler! In Sekundenschnelle friert ihm sein Kopf jetzt ein! Er muss raus und heiß nachduschen. Ein paar Handtücher später gönnt sich nicht nur Riker die nötige Nachtruhe.

Abflug von Akureyris Eispiste Zu zeitig geht es zum Frühstück, welches sich als von unseren Wirten reichhaltig und liebevoll komponiert präsentiert. Aufgrund der Wetterlage wurde der erste Inlandsflug ab Reykjavík gestrichen und so werden Andrea & Markus mit einer anderen Maschine und später als geplant heranschneien. Wir nutzen die gewonnene Zeit für einen kleinen Bummel durch die mit knapp zwanzigtausend Einwohnern viertgrößte isländische Stadt am Eyjafjörður. Die Eiskathedrale Akureyrarkirkja wirkte zwar in der Nachtbeleuchtung schöner, doch ist den wichtigeren Kirchenbauten auf Ísland neben dem stets freundlich und hell gestalteten Innenraum ein auffallend kreativer und individueller architektonischer Ansatz zu Eigen. So auch hier.
Schneemänner Rekordverdächtig präsentiert sich auch der überdimensionierte Schneemann auf einem zentralen Platz. An seiner Entstehung waren sicher viele Hände und mindestens eine Leiter beteiligt. Doch der Flieger naht. Wir beobachten zufällig den Anflug, sammeln die Shopper ein und fahren zum Flughafen, wo uns das Schwenke-Paar bereits erwartungsfroh zuwinkt.
Wir sind komplett. Weiter geht's.

Mikly

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