Musti berichtet:

Deutsche Einzelmeisterschaft 2004

Effi mit eingeschränktem Einfallsreichtum bei der Wahl seiner Eröffnungen

Die sechste Runde lief wohl überhaupt nicht nach Effis Geschmack, obwohl er die weißen Steine führte. Gegen FM Christoph Wisnewski (SC Meerbauer Kiel) wiederholte er die Variante, mit der er in der vierten Runde gewonnen hatte. Wisnewski war offensichtlich bestens präpariert und verbesserte besagte Partie schon im siebenten Zug. Effi sah sich bald mit dem Problem konfrontiert, wohin wohl mit dem König zu gehen sei. Schließlich entschied er sich für das Manöver Kd2-c1, worauf sein Gegner auch prompt einen Bauern mitnahm. In der Analyse bemerkt Robert Offinger, dass 19. Se4: wohl etwas zu gierig erscheint. Nach 20 gespielten Zügen hatte Effi also wieder eine ordentliche Position auf dem Brett und nun in kritischer Stellung seinerseits die Möglichkeit, den Bauern mit gleichzeitiger Drohung eines Qualitätsgewinns zurückzuerobern. Leider musste auch Effi kurz darauf einsehen, dass dieser Spielzug viel zu gierig war. Im höheren Sinne konnte die Partie an diesem Punkt schon abgehakt werden, weil der Qualitätsgewinn in einem Fiasko für Weiß geendet hätte und Effi somit für seinen Läufer nur einen Bauern bekommen hatte. Nach wenigen weiteren Zügen gab er sich geschlagen.
Eine weitere Weißpartie bekam Effi in der siebenten Runde gegen Roland Voigt (SC Leipzig Gohlis) zugelost. Eröffnungstechnisch stand diesmal Grünfeld-Indisch auf dem Plan, und zwar ganz konkret die Sevilla-Variante. Wie mir von Riker zugetragen wurde, verdankt sie ihren Namen dem 87er WM-Match zwischen Kasparov und Karpov, die besagte Eröffnungsvariante in Sevilla mehrfach auf dem Brett hatten. Effi folgte jedoch nicht lange den beiden Koryphäen, sondern einer eigenen Partie aus dem Jahre 2001. Im 21. Zug spielte Voigt schließlich einen abweichenden Zug. Effi konnte im weiteren Verlauf keinen entscheidenden Vorteil erzielen und einigte sich mit seinem Gegenüber nach dem 53. Zug auf Remis. Robert Offinger kommentiert sehr treffend in gewohnter Manier: "Eine typische Grünfeld-Indisch-Partie auf hohem Niveau: Weiß hat ein besseres Endspiel, doch bei genauer Verteidigung zieht sich das nur hin. Sehen wir es positiv: Mit Weiß nicht verloren und auch nicht schlechter aus der Eröffnung herausgekommen. Allerdings noch die gleichen Varianten wie vor drei Jahren - das macht das Vorbereiten der Gegner leicht."
Alexander Graf holt in den Runden 6 und 7 ein Remis und einen Sieg und hat nun schon einen ganzen Zähler Vorsprung auf insgesamt sechs Verfolger. Zu denen gehören u.a. Titelverteidiger Thomas Luther und die Nachwuchstalente Arik Braun und Arkadij Naiditsch. Letzterer muss in der achten Runde mit den schwarzen Steinen gegen Alexander Graf spielen.

Thomas Schwieger

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