Deutsche Schnellschachmeisterschaften Höckendorf 2004

Poetke, Simon Am 9. und 10.10. fanden in Höckendorf die Deutschen Schnellschachmeisterschaften statt. Das Erbgericht Hotel im Osterzgebirge war damit zum 3. Mal Gastgeber für Deutsche Meisterschaften. Von Anfang an standen die Meisterschaften nicht unter den besten Vorzeichen. Es gab in Abstimmung mit dem DSB viele Ab- und Anmeldungen, wodurch sich das Teilnehmerfeld von 30 auf 34 Spieler erhöhte. Manchmal konnte man das Gefühl haben, dass es für den einen oder anderen Spieler zu weit war in den fast östlichsten Zipfel Deutschlands zu reisen. Diese Entscheidung steht jedem frei, doch völlig unverständlich ist, dass 8 Qualifizierte gar nicht anreisten. Ausgenommen von der Kritik ist der Schachfreund, der sich am Freitag Abend entschuldigte, doch 7 "Sportfreunde" fehlten unentschuldigt. Der allgemeine Tenor der Teilnehmer, die Landesverbände haben nicht nur die Kosten umsonst bezahlt, sondern sie haben auch anderen Interessierten die Startchanchen genommen. Zu bemerken ist hier, dass es die Oberligakollision nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Hessen gab, und die Spielkommission hier eine Fehlentscheidung (bzw. sehr unglückliche) getroffen hatte.
Zum Sportlichen! Der Favorit stand vom Anfang an fest, der Titelverteidiger und Nationalspieler GM Klaus Bischoff. Auch er hatte zwischendurch seine Teilnahme kurz vor dem Beginn der Olympiade in Mallorca abgesagt. Am Ende war er der einzige Großmeister und nahm das Unternehmen Titelverteidigung sehr ernst, denn er gehörte zu den wenigen Teilnehmern, die die Möglichkeit nutzten einen Tag vorher anzureisen. Durch die Nichtteilnahme von IM Podzielny (anerkannter Schnellschachspezialist) und einen Deutsch-Russischen IM aus Emsdetten mit einer Elo im 2500-Bereich schien Klaus Bischoff ungefährdet seine Kreise ziehen zu können. Am Ende gewann er mit 6 Siegen und 5 Remis ungeschlagen das Turnier, doch nach 9 Runden war mit 7 Punkten FM Vatter gleichauf. In der 8. Runde spielte der GM dann Remis, und der Konkurrent verlor. Den halben Punkt Vorsprung rettete der GM mit einem Sieg in der Schlussrunde ins Ziel, und der nun amtierende Blitz- und Schnellschachmeister umging den Stichkampf im Blitz. Auf den Plätzen folgten die FM Vogler und Vatter. Erstaunlich war in der Schlusstabelle, dass auf den Plätzen 1-3 keine Punktgleichheit war, und die Hälfte des Feldes mit 5 bis 6 Punkten einkam. FM Hammes(10. Platz) schaffte 6 Remis in 11 Schnellschachpartien. Auf der anderen Seite gewann er nur halb soviel Partien wie die Sachsen- Anhaltinischen Teilnehmer - doch dazu gleich.
Vogler, Preuße Vor dem Turnier sprach ich mit Harald ab, dass ich einige Zeilen schreibe. Unser Schnellschachlandesmeister war in jüngster Vergangenheit in guter Form und mit dem nötigen Turnierglück ... Reyk hatte noch am Donnerstag Harald Matthey viele Punkte vorausgesagt, doch das Turnierglück lag bei dem anderen Sachsen-Anhalt-Vertreter. Es ist schwierig viel über die anderen Partien und besonders Harald zu schreiben, denn beim Schnellschach ist man in der Regel nicht viel eher fertig als die anderen, die Spaziergänge während der Partien unterbleiben in der Regel und die wenigen Minuten zwischen den Partien nutzen die Teilnehmer sich bei herrlichem Herbstwetter an der frischen Luft zu regenerieren. Die Spielbedingungen waren einer Deutschen Meisterschaft würdig, jedes Brett stand auf einem extra Tisch in ausreichender Größe und ein Buffet mit alkoholfreien Getränken, Kaffee, Tee und kleinen Leckereien standen den Teilnehmern zur Verfügung.
Vor dem Turnier lag mein Ziel darin, dass nicht wie im Vorjahr der letzte Platz (Ralph Kahe) nach Sachsen- Anhalt geht und gutes Schach zu spielen. Die TWZ lag bei mir einen Punkt über dem schlechtesten Teilnehmer, die DWZ 150 Punkte hinter dem Vorletzten. Daraus resultierte bei mir eine seit langem nicht mehr erlebte Unbefangenheit. Meine aktuellen Eröffnungssysteme wollte ich gegen stärkste Gegnerschaft prüfen, weshalb ich fast als einziger Teilnehmer mitschrieb. Das gelang mir, vor allem bei meinen 3 Weißniederlagen sammelte ich interessante Erkenntnisse. In Runde 1 hatte ich gegen den späteren 3. FM Vatter nach 10 Zügen eine Figur weniger. Gerade diese Partie sollte mir aber noch das nötige Selbstvertrauen geben.
Wahrscheinlich in Folge seines schnellen Vorteiles wurde mein Gegner etwas leichtsinnig, denn er konnte sich dem Damenverlust nur durch Qualitätsverlust entziehen. Auch im verlorenen Endspiel hatte ich eine Menge Ideen, meine letzte bemerkte er leider, ich wollte meinen Turm gegen den letzten Bauern opfern und den uralt Trick versuchen, lieber Gegner zeige mir, wie man Springer und Läufer matt setzt. Als ich danach zu Harald schaute, schien auch dort nichts mehr zu gehen, er verlor gegen die Nummer 3 der Setzliste. In Runde 2 punktete das Sachsen-Anhalt Duo doppelt. Harald hatte seine Arbeit schon erledigt, als ich meinen Sieg im Kasten hatte. Mein Turnierglück, oder einige überraschende Ergebnisse gegen bessere Schachspieler lag oft in der Ökonomie der Zeit. In der Regel war ich bereit auch zweit- oder drittbeste Züge in Kauf zu nehmen und überlegte im Gegensatz zum Normalschach auf des Gegners Zeit intensiv mit, was dazu führte, dass ich oft postum antworten konnte. Mein Gegner vollführte einen Bauerngewinn, der von der "Theorie" getadelt wird. Natürlich wusste ich nicht mehr genau warum, doch den Sinn schien ich erfasst zu haben, denn ich konnte den Gegner beschäftigen. Mit etwas schlechterer Zeit ging ich in den Blitzmodus über und konnte die sich verschlechternde Stellung nur unter Figurenverlust halten. Dem Gegner fehlte die Zeit den Vorteil zu realisieren und ich hatte meinen ersten Punkt. Vor der Auslosung sagte ich Harald von Punkten, Farben und Wertzahlen könnte es uns in der nächsten Runde treffen, wir rutschten um ein Brett vorbei, bei 11 Runden hatten wir aber trotzdem gute Chanchen aufeinander. Harald verspielte eine gute Stellung, und offenbarte dabei sein Problem mit der Zeiteinteilung der 25 Minuten. Er erarbeitete sich viele gute Stellungen, die er zeitlich nicht realisieren konnte, obwohl er seine Blitzphasen gut abwickelte. Leider hatten seine Gegner in dieser Phase meist einige Minuten mehr. In Runde 3 empfing mich der spätere Vize FM Vogler. Schnell hatte er mich positionell im Griff- und ich handelte nach den Ratschlägen des Klassikers "Schach des Tigers". Eine Qualität und drei Leichtfiguren zu opfern reichte nicht, weil der Gegner sich sauber verteidigte. In Runde 4 konnte ich dann unserem Landesmeister nicht mehr entweichen. Es wurde kein großer Kampf, weil ich in eine Eröffnungsfalle lief und Harald sich weigerte Luft ranzulassen (Partie folgt).
Nach 4 Runden hatte ich einen Punkt und war damit nicht unzufrieden, es folgte der 4. Titelträger für mich mit dem Inhaber des Profischachladen Berlin FM Ralf- Axel Simon. Die Burger Schachfreunde sind bei ihm Kunde und ich hatte seinerzeit mein Weißreportoire mit seiner Hilfe aufgebaut. Null Probleme für Schwarz deshalb auszugleichen- ich konnte ihn aber beschäftigen- "opferte" eine Figur und spielte munter weiter. In der Blitzphase konnte ich meinen Gegner überraschen und den 2. Punkt einfahren. Was sollte noch passieren? Meine stärkste Partie folgte gegen den FM Schulz aus Cottbus. Ich hielt als Schwarzer positionell mit, und meine beim Abtausch entstandene Isolani-Schwäche erwies sich als Anker für meinen Turm- und in leicht besserer Stellung verzichtete ich auf Harakiri und bot Remis (wesentlich schlechtere Zeit). Harald hatte in Runde 5 und 6 nur einen halben Punk gesammelt und wir waren noch gleichauf. In Runde 7 hatte ich einen Gegner (Brömel-Jena), der mit Weiß nach wenigen Zügen Remis bot- so war ich der Erste am Tresen. Während, zwischen, beim Abendbüffet hatte die Hälfte der Teilnehmer noch nicht genug von den weißen und schwarzen Steinen. Harald besserte hier auch sein Punktekonto auf, während er im Turnier überraschend 0,5 Punkte hinter mir lag. Da mir "heute spülen, morgen spielen" nicht liegt wurde ich nicht alt.. Um drei Uhr wurde den letzten beiden Blitzern mitgeteilt, dass für 2 "Spüler" der Tresen nicht weiter geöffnet bleibt.
Vatter Am Morgen hatte ich einen enttäuschten des Vortages (2 Punkte), er besserte seine Moral am Sonntag mit 3,5 aus 4 auf. Ich war das 1. Opfer, Harald das 2. . Mir blieb ein schönes Opfer des Gegners in Erinnerung. Was sollte aus dem Tag werden, auch in Partie 2 stand ich auf Verlust, doch ich erkannte, mein Gegner sucht nach der absoluten Wahrheit- im Schnellschach schwierig. Ich spürte zäh halten und Zeit verwalten. Es kam, wie ich erhoffte und in Zeitnot des Gegners kam meine Zeit. Von Haralds bester Partie ist noch zu berichten. Dem Döbelner Spieler Tilo Manitz opferte er seine Königsstellung kaputt und nahm den König auf wechselnden Reihen und Linien mit den Schwerfiguren unter Beschuß. Ich schaute auf die Zeit und befürchtete das Schlimmste, mit wenigen Sekunden auf der Uhr sah Harald eine 4 zügige schönheitspreiswürdige Kombination. In Runde 10 nutzte ich eine von Herbert Großmann erteilte Lektion und stand gut. Am Ende nahm ich das Remisangebot meines Gegners an, wir hatten ungleichfarbige Läufer und ich sah keine Möglichkeit meinen Mehrbauern zu verwerten. Überrascht war ich in der kurzen Analyse- als mein Gegenüber mir erklärte, dass er klar auf Gewinn steht. Wahrscheinlich hat er mir Remis angeboten, weil er auf Toilette wollte. Vor der Schlussrunde hatte ich noch einen Punkt mehr als Harald, der in der Schlussrunde den glücklosen FM Simon besiegte. Gegen den Cottbusser Manfred Janke in der Schlussrunde hatte ich den Gegner, gegen den ich vor dem Turnier mir die besten Chancen ausrechnete. Da ich mit ihm am selben Ort das Open im Juni mitgespielt hatte, kannte ich seine Eröffnungen. Als aus einem verunglückten Reti ein angenommenes Damengambit wurde, erinnerte ich mich an eine Partie Topalew- Leko und verteidigte auch den Gambitbauern auf c4. Das gelang gut, bis mein Gegner auf den Königsflügel wechselte. Meine Stellungsressourcen reichten aus um unter Bauernverlust die wichtigsten Figuren runterzuholzen- und im Endspiel brauchte ich in immer besser werdender Stellung nur auf das unerbittliche Blättchen zu warten.
Mit einer DWZ Leistung von über 260 Punkten über meiner DWZ schloss ich als 15. der Deutschen Schnellschachmeisterschaft 2004 ab.
Traditionell kommen die Schnellschachspieler aus Sachsen- Anhalt nicht auf die vorderen Plätze, wir holten aber beide mehr Punkte als die Vorjahresteilnehmer und hinterließen einen guten Eindruck. Den einen oder anderen Teilnehmer werden wir 2006 begrüßen können, wenn Sachsen- Anhalt die Deutschen Einzelmeisterschaften ausrichtet, weshalb bei den Landesmeisterschaften 2005 (als Ausnahme zur LTO als Open) 3 Qualifikationsplätze ausgespielt werden.

Dan-Peter Poetke

Zum Seitenanfang | » DSEM 2005