6./7. Spieltag: Rochade Magdeburg - SG 1871 Löberitz 4:4; SG 1871 Löberitz - Aufbau Elbe Magdeburg 2,5:5,5

SOS! We are sinking, we are sinking!

What are you thinking about?

Wer von euch Mag de burgh? Die lady in red? Niemand? Wirklich nicht? Sie bzw. er lud jedenfalls zur zweiten Oberliga-Doppelrunde mit vier Teams aus Sachsen-Anhalt, deren Ausgangspositionen nicht verschiedener hätten sein können.
Da haben wir zum ersten die Mannschaft von AEM, welche sich mit TU Dresden um den Aufstiegsplatz streitet, für dieses Unterfangen aber auf einige wichtige Stammkräfte verzichten musste. Da die Jugend aber immer stärker wird und die Bank eine wirkliche ist, bleibt dies fast unbemerkt.
Zum zweiten und dritten stehen mit der Rochade aus Magdeburg und dem USV Halle die vorspieltäglichen Plätze 12 und 11 auf dem Plan. Bei einem bzw. zwei Mannschaftspunkt/en auf der Habenseite liebäugelt man gern mit anderen Tabellenregionen. Tiefes Ausatmen. Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, kann man sich zumindest von ihr abdrücken, um voran zu kommen. Der Leader steht immer im Wind.

Ach ja, der vierte im Bunde war die SG 1871 Löberitz, auch bekannt als Löberitzer SG oder SV 1871 Löberitz. Ich fänd ja auch Turbine Löberitz sehr charmant. Das hat sowas Verdrehtes. Den Löberitzern fällt es zumeist schwer, sich für ein Extrem der Tabelle zu entscheiden, daher bleiben sie in der Regel unerkannt und ducken sich in der Mitte ab. Ja nicht den Kopf heben, der Lehrer könnte einen ja drannehmen. Tief einatmen.

Ein munterer Haufen sollte man meinen. AEM wird mit vier Punkten nach Hause gehen, Löberitz vermutlich mit zwei bis drei und das stärkere die beiden übrigen Teams nimmt mit Glück einen Punkt mit. So könnte man jedenfalls vermuten. Aber Tabellen sind eben nur Momentaufnahmen bzw. das Abbild der bisherigen Historie und kein erwartungstreuer Schätzer für die Zukunft. Das wäre ja noch schöner. Da könnte ja jeder kommen. Pah! Die Aufstellungen waren eine hingebungsvolle Mischung aus Kampfansage und Hilflosigkeit. Warum gibt es im Leben nur immer so viele Alternativen? Und warum ist das Punktspielwochenende nicht das wichtigste? Na ... weil es nicht das wichtigste ist!
Dann müssen Entscheidungen her. Der ML ersetzt hier einen Stürmer, da einen Verteidiger. Gut, dieser Spieler hat im Training nicht die allerbesten Leistungen gezeigt, doch er wird die Mannschaft mitreißen, er kann das Match entscheiden. Entscheidungsschwache Menschen kommen beim Schach hingegen immer in Zeitnot und sterben meist in Schönheit, wenngleich sie viiiiiiel mehr am Brett gesehen haben als der unverdiente Sieger. Tja, Schach ist halt wie das Leben. Das Leben kann grausam sein. Zumindest ist das eine Alternative.

Der USV überraschte mit GM Fodor und dem unbedingten Willen, nicht mit leeren Händen den Heimweg anzutreten. Wenngleich ersteres ob der Situation eher zwingend war, da wichtige Stammkräfte fehlten, ist letzteres nicht erst seit letzter Saison ein Markenzeichen des USV geworden. Sie halten wahrlich mächtig viel Druck aus. Zustimmendes, langsames Kopfnicken. Ach ja. Kurz vor Beginn fiel mir auf, dass die geografische Anordnung der acht Bretter im USV-AEM Kampf Heinz Liebert inmitten des Raumes postierte. Ein wahrhafter Fels in der Brandung. Übrigens: Punkt.

Löberitz überraschte eigentlich überhaupt nicht. Okay, Elina war nur am Sonntag an Bord, aber samstags ist man ja nicht alternativlos. AEM kann gar nicht überraschen (siehe oben) und Rochade bot bis auf den am Samstag pausierenden ML Martin Niering alles auf, was auf der Karte steht. Umso schwerer wiegt es, dass die drei tschechischen Spitzenbretter nach dem Wochenende (und insgesamt zwei Doppelrunden) bei "nur" 5,5/12 stehen. Das zeigt, dass die Liga richtig stark ist und selbst diese Verstärkung eventuell nicht ausreicht, um das Klassenziel zu schaffen. Aber da ist ja noch eine ganze Menge möglich. Und bekanntlich will gut Ding ja Weile haben. Die hat uns ja der Oberliga-Ausschuss in dieser Saison mit der Abschlussdoppelrunde im Mai wirklich eingeräumt.

Das Spiellokal in der Kritzmannstraße in Magdeburg hatte übrigens nichts mit dem namensähnlichen Schachgroßmeister Leonid Kritz zu tun, sondern mit einem Büchsenmacher, der im 16. Jahrhundert in Magdeburg lebte.
Eine Grundschule. Wieder war also Sitzfleisch angesagt. Gut, gehen wir es an. Für den Spannungsbogen werde ich den Kampf in chronologischer Reihenfolge Revue passieren lassen. Gähn. Wieder nichts Neues.
Unser Schindli sehnte sich ja schon lange nach einem vollen Punkt. Die Partieanlage erinnerte mich ehrlicherweise eher an eine Schachkomposition. Plötzlich verfing sich die auf Abwegen geratene gegnerische Dame im Netz des weißfeldrigen Schindler-Läufers. Von 0 auf 100 in 17 Zügen. Ich glaube mich zumindest an diese Zugzahl zu erinnern.

Nico kämpfte mit Schwarz um die Initiative. Mit Erfolg. Mein gutes Gefühl und seine bisherige Performance hatten mich wohl zu optimistisch werden lassen, am Ende stand im D+T+Leichtfigur Endspiel (s)ein erster halber zum 1,5:0,5.
Meine Eröffnungsbehandlung war eine Eröffnungsmisshandlung. Was erlauben Schusti? Die Partie begann erst so richtig, als ich mit Minusbauern an der Kompensation arbeitete. Und arbeitete. Und dann war sie da. Huch. Ein Läufer hatte sich auf d5 eingenistet und war gekommen um zu bleiben. Ich konnte in ein T+L vs. T+S Endspiel (immer noch mit Minusbauer) abwickeln, was sehr gewinnträchtig aussah. Nach kleineren Herzklopfern brachte ich den Punkt nach Hause. Also nach Löberitz. 2,5:0,5.
Da waren fünf Wettkampfstunden vorbei und fünf Bretter liefen noch. Ich fuhr erstmal schnell zur anberaumten Unterkunft und sicherte unsere Schlafplätze.

Als ich zurückkehrte, hatte Holly den Punkt geteilt. Er hatte ausgangs der Eröffnung eine kleine Kombi nicht auf dem Schirm und rannte einem Bauern hinterher. Irgendwie schien dann sein Ehrgeiz gepackt worden zu sein und er steuerte relativ sicher den Ausgleich in der Partie an. Wie sich beim abendlichen Eingeben der Partie zeigte (gegen Mitternacht ist das natürlich ohne Gewähr), konnte er im T+L vs. T+S Endspiel mit einem Abzugsschach sogar noch gewinnen. Die Nerven. Der Stress. Die lange Spielzeit. Wieso kann man das Endspiel nicht zuerst ausspielen und hinterher einen Retro-Weg dahin finden. Dann würden alle Endspiele sicher viel fehlerfreier behandelt. 3:1.

Normi hatte in schöner Manier der Partie seinen Stempel aufgesetzt. Es entstand eine dynamische Stellung, die in einem T+T+S vs. T+S+S Endspiel mit einigen Mehrbauern für Normi endete. Gefühlt muss hier ein Gewinn drin gewesen sein, leider wurde er nicht belohnt und musste am Ende sogar den ganzen Punkt ziehen lassen. 3:2.

Bei Sebi vs. Mike (hört sich ein bisschen wie so ein Wrestling-Kampf an), war für gute Unterhaltung gesorgt. In einem Moment verschwammen die Figuren vor meinem geistigen Auge und mir war, als sollten Dame und König von Schwarz stellungsgerecht die Plätze tauschen. Sebi stand sehr gut und verpasste wohl eine gute Siegchance, am Ende stand ein Remis. 3,5:2,5.

Dana hatte von Anfang an alles im Griff, stand sehr bequem. Als ich wieder kiebitzte, war sie in einem Damenendspiel mit zwei Minusbauern gelandet. Gestrandet. Mmh.
Für Elina war Christian Böhm eingesprungen und er musste sich in einer Wurschtel-Partie Ralf Seibicke erwehren. Ich verstehe ja von diesen Strukturen eher wenig, aber Hauptsache gesund, sage ich immer. Ein Bauer muss irgendwie Flöten gegangen sein, im L+S vs. S+S Endspiel konnte er aber die Balance halten - ein wichtiger halber Punkt.
Dana konnte leider nichts mehr an der Niederlage ändern und gab sich geschlagen. Am Ende stand ein 4:4, was rückblickend betrachtet eher einer kleinen Niederlage gleichkommt, da wir doch an mehreren Brettern Chancen liegen lassen haben.

Im Parallelkampf sammelte der USV einfach 4,5 Punkte ein, als wolle er fragen, wieso das die fünf vorherigen Gegner von AEM nicht gemacht haben. Dieser FCB. Meisterhaft. Wenn man sich gegen das Gestirn Paul/Melamed/Schöne/Andre 3/4 erarbeitet, reichen auch 1,5 im Unterhaus. Da bleibt kein Auge trocken.

Die Uhr zeigt halb neun. Gemeinsames Schlemmen am Universitätsplatz. Auch Julia und Münzi mitsamt Partnern sind mit von der Partie. Gepflegte Unterhaltung unter Freunden lässt den Abend ausklingen. Es gibt aber auch Alternativpläne. Show must go on. Feedback wird erwünscht. Das Berichtswesen hält sein Versprechen, Glückskekse orakeln Unfassbares. WhatsApp konserviert auch dies. Der Sonntag bricht an.

Die Begegnungen USV-Rochade und Löberitz-AEM brauchen keine Einleitung, Klassiker sind lange genug gereift. Doch wer nimmt etwas Zählbares mit? Kann der USV noch einen drauf setzen? Yes, he can. Die Erkenntnis, dass 4,5 Punkte genügen, war dem USV nicht erst seit Samstag bekannt und so verwandelte er gegen leicht rochierende Magdeburger den nächsten Big Point. Die Einzelpartien sind nicht alle aus dem Gedächtnis replizierbar, doch ein stark herausgespielter Sieg an 1 und die Seeschlangen-Abwehrschlacht von Karl-Simon Altstadt bleiben im Gedächtnis. Der USV als Mann der Stunde. I like.

Gegen AEM will man natürlich schon was bieten. Da geht es um Prestige. Um die Ehre und so. Gefühlt ist es allerdings auch schon ein Weilchen her, dass wir Löberitzer als Sieger aus dem Ring gegangen sind. Nachher ist vorher. Der Samstag hatte Spuren hinterlassen. In Körper und Geist. Da ist es nur nachvollziehbar, wenn einige Freunde kampfesmüde sind. Zwei halbe sind ja auch ein ganzer.
Nach ca. 90 Minuten waren zwei Friedenspfeifen geraucht. Norman und Holly beendeten alle Spekulationen auf andere Ergebnisse und überließen das Schlachtfeld den Mitstreitern. Auf die Jugend kann man sich ja in der Regel verlassen. Aber es gibt auch Ausnahmen. Nämlich dann, wenn auf der anderen Seiten auch Jugendliche auf Punkte aus sind. Nico hatte einen Mehrbauern vorzuweisen, allerdings hatte sein Gegner die angenehmere Stellung. Schwerfiguren und ungleichfarbige Läufer spielten bei Schwarz einfach besser zusammen. Die zweite Reihe und der schwache a2 waren vermutlich dafür verantwortlich, dass hier AEM am längeren Hebel saß. 1-2.

Sebi musste sich im zweiten Nachwuchsduell nach interessantem Spielverlauf geschlagen geben. Vielleicht wurde das thematische, sizilianische Txc3 verpasst!? Irgendwie glaube ich, dass da mehr drin war. 1-3.
Schindli wurde mit weiter fortschreitendem Tagesverlauf immer wacher und konnte sein Aljechin erfolgreich in den Remishafen manövrieren. Er tauschte einen Mittelbauern gegen den h7 ein und hielt den König dennoch sicher. Im Mittelspiel fand ich seine Stellung sogar etwas angenehmer. Ich weiß nicht genau, wie sich der Remisschluss ereignete, bin mir aber sicher, dass er ein Getränk wert war. Sportler müssen an ihren Flüssigkeitshaushalt denken, das ist im Schach nicht anders. 1,5:3,5.

Bei mir war ein Katalane mit weißem Läuferpaar vs. schwarzem Springerpaar + geklammertem Mehrbauer auf c4 auf dem Brett. Im geeigneten Moment konnte ich ein Leichtfigurenpaar tauschen und stand leicht besser. Allerdings verpasste ich es in gegnerischer Zeitnot, entscheidende Probleme zu stellen und so bot ich im 39. Zug die Punkteteilung an, da ich keine Möglichkeit sah, meinen Vorteil gegen seine Blockade durchzubringen. 2:4.

Dana und Elina waren am Brett verblieben. Dana stand - wie schon am Vortag - sehr angenehm, der weiße König wanderte nach kurzer Rochade über e3 an den Damenflügel aus, was etwas gewöhnungsbedürftig aussah. Ich habe nicht mitbekommen, welchen Zauber der Gegner angewendet hat, aber Dana musste plötzlich ein Springerendspiel mit entferntem Minusbauern hinnehmen, was nicht zu halten war. Da macht der Ausflug aus Riga natürlich richtig Spaß.
Elina übersah einen Zwischenzug und konnte ihren bis a7 gelaufenen Freibauern nicht stark genug in Szene setzen. Der Gegner agierte umsichtig und vertilgte unter Opferung eines seiner Läufer alle weißen Bauern, so dass Elinas Springer sich um die restlichen schwarzen Bauern kümmern konnten. Endstand 2,5:5,5.

Vielleicht etwas zu hoch, aber der Sieg geht für AEM in Ordnung. Was nimmt man aus so einem Kampf mit nach Hause? Ein Fußballtrainer würde die Mannschaftsleistung loben, über ein paar verpasste Chancen hadern und von einem starken Gegner sprechen, gegen den man ein gutes Spiel gemacht hat. Das passt wohl ganz gut, also belassen wir es dabei. Löberitz ist mit 7:7 Mannschaftspunkten wieder so mittelfeldig wie es nur geht. Einatmen. Ausatmen.

Brain

  Rochade Magdeburg SG 1871 Löberitz 4:4
1 FM Kuchynka, Lukas WGM Reizniece-Ozola, Dana 1-0
2 FM Tuma, Jakub Schütze, Norman 1-0
3 Bednar, Marcel Schindler, Christian 0-1
4 Jäger, Dominik Pröhl, Holger ½
5 FM Stolz, Mike Pallas, Sebastian ½
6 Wächter, Nathalie Niegsch, Nicolas ½
7 Kahe, Ralph Schuster, Martin 0-1
8 Seibicke, Ralf Böhm, Christian ½
  SG 1871 Löberitz SG AE Magdeburg 2,5:5,5
1 WGM Reizniece-Ozola, Dana FM Paul, Johannes 0-1
2 Schütze, Norman WGM Melamed, Tatjana ½
3 Schindler, Christian Schöne, Maria ½
4 Pröhl, Holger Andre, Gordon ½
5 Pallas, Sebastian Roseneck, Jonas 0-1
6 Niegsch, Nicolas Biastoch, Bennet 0-1
7 Schuster, Martin Lopez-Rojas, Jeffreyk ½
8 Otikova, Elina Rothe, Guido ½

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