9. OL-Spieltag: Dresdner SC - SG 1871 Löberitz

Was unsere Erfüllung ist

Gelegentlich wird diskutiert, ob Super-GAU ein Pleonasmus ist oder nicht. Ich meine, der Begriff hat unbedingt seine Berechtigung, und alle Dresden-Fahrer wissen, dass ich nicht an letzten Sonntag, sondern an den Abend davor denke.

Leo

Vorbereitung in Leipzig: Karaoke-Bar Leo Zum letztjährigen Leipziger Honky-Tonk wäre Leo's Brasserie fast zu (trauriger?) Berühmtheit gelangt, stand doch ein Karaoke-Due(ll?)tt von dem Kurthi und dem Berichterstatter kurz bevor. Durch seine unmittelbare Nähe zum Marriott-Hotel ist die Kneipe auch diesmal idealer Anlaufpunkt fürs Dorf und seine Fans am Samstag vor der Schlacht und natürlich für die gesamte Mannschaft. Einstimmen, Vorbereiten, Sammeln, Diskutieren, Ausgiebig Frühstücken, Brains Notebook Zuqualmen, Bananenfüße Bewundern, Nicht Alle 50 Fragen Beantworten, Sechs Reiß-Töchter Zählen, Haralds Opfer Und Zugumstellungen Widerlegen, Dana Suchen (man hört, sie habe zwei Museen durchmessen), Bundesliga Schauen, Alex, Ilka, Flash, Anne, Bekka, Josi, Franzi, Präsi, Uwe ... Treffen.
Im Marriott gibts unterdessen die Bundesliga-Paarungen Zehlendorf vs. Solingen sowie Gohlis vs. Wattenscheid und dabei einige interessante Partien zu sehen. Die Leipziger räumen gegen Wattenscheid wohl die maximal mögliche Brettpunktausbeute weg (Hoffi mit einem 1,5/2-Wochenende), und das ohne Schunki.
Alex gewinnt gegen Frerik Bundesliga in Leipzig: Hendrik Hoffmann Bundesliga Leipzig: Michael Roos, Roland Voigt, Lothar Vogt

Schnee (1)

Schnees lustiges Treiben Die Bundesliga-Zeitnotphase ist vorbei und wir sammeln uns zum Aufbruch. Zuvor werden wir von Flash gewarnt ("Die ganze Zeit über ungeräumte Autobahn geschlichen, und dann auch noch geblitzt!"), hoffen aber die gut ausgebauten 110 Kilometer bis Dresden ohne Weiteres zu bewältigen. Die Wahl fällt dann auch auf erst Quartier beziehen, dann essen. Ein Fehler und Wegbereiter für den Super-GAU ...
Die Fahrt gestaltet sich angesichts starker Schneefälle und glatter Straßen langwieriger als erwartet, ungewohnterweise auch für Miklys sommerbesohlten Schlitten aus dem Kölner Tiefland. In der Raststätte vor Dresdens Toren gebe ich letzte Anweisungen zur Quartiersfindung in Dresden-Bannewitz. Mikly wird ganz blass, als ich die Adresse nenne: Nöthnitzer Hang. Zu Recht.

Charybdis

Nachtvorbereitung Pension Gegen 21.30 Uhr: Alle sind einquartiert, aber es gilt neun seehr hungrige Mäuler zu stopfen. Das Schneetreiben ist so dicht, dass eigentlich niemand mehr fahren will, keinesfalls aber über die Ortsteilgrenzen hinaus. Da die Zeit knapp wird und die Wege auch innerhalb von Bannewitz für Schneestapfer weit sind, entscheiden wir uns doch für den fahrbaren Untersatz ... und haben erste Berghochschieb-Einsätze. Es gäbe zwei Lokalitäten, heißt es, und so fahren wir müde lächelnd an einem gelben M vorbei und über abschüssige Straßen ins Bannewitzer Unterdorf.
Holly, Mikly, Dana im Schlund Der "Dorfgrill" ist nur noch spärlich beleuchtet, also nach einigem Zögern mit einem Auto weiter hinab (das andere verbleibt in halbwegs sicherer Höhe) bis zur Talsohle, wo die "Eutschitzer Mühle" gelegen ist.
Der Wirt ist etwas erschrocken über die hungrige Kundschaft und den drohenden Umsatz ("Da kommen ja immer mehr!"). Nachdem sich die Ausgelaugten nicht mit Hackepeter oder Zwiebelsuppe bescheiden wollen und flehend in Richtung Küche schauen, gibt der Hausherr eine Empfehlung, die so gut ist, dass sie in die Sprüche-Rubrik gehört und ... dass wir sie glatt befolgen. Gefangen zwischen Hungertod Skylla und einer gelblichen, M-förmigen Charybdis, die neben der Dorfjugend allsamstagabendlich nun auch uns zu verschlingen droht, entscheiden wir uns (nach kräftigem Auto-Schiebeeinsatz am steilen, schneeglatten Berg) für letztere.
Hey, hier gibts ja Bier! Harald und Riker sind dem Suizid nahe. Während Harald seinen Kummer ("Da hätten wir auch in der Mühle bleiben können, da gibts wenigstens Bier.") ersäuft ("Hey, hier gibts ja Bier!"), weigert sich Riker standhaft selbiges aus einem Pappbecher zu sich zu nehmen und sucht vergeblich nach Wein (die benachbarte Tankstelle hat geschlossen). Hoffnungslos überfordert ist er mit dem vielteiligen Set eingeschweißter Besteckteile, Brotkrumen, Saucen, Zusatzstoffe ... und offenbar völlig willkürlich verteilten Nummernschildern. Das muss er sein – der Super-GAU.
Riker hilflos Die Verzweiflung bricht sich in einem lauten "Ich will hier raus!!!" Bahn, was uns kurzzeitig die Aufmerksamkeit der Dorfjugend verschafft, die sich scheinbar absolut freiwillig bei grellem Neonlicht und auf kleinen Holzschemeln versammelt, um ihr Pappbecherbier zu kippen (Mikly: "Wo sollen sie sonst hin?"). Yogi und Normi finden sofort sadistischen Gefallen an der Szene. Letzterer schlägt vor, den Charybdis-Besuch zur Tradition werden zu lassen ("Eigentlich ist das cool."), während ersterer sieben Wir lieben es doch auch gelbliche Schlünde in Halle aufzählen kann – seinem Heimatort und der Austragungsstätte der letzten Doppelrunde.
Der Kühlschrank in unserer top-eingerichteten Pension (unpassenderweise nicht verschlossen) erlöst uns später mit seinen Bier- und Weinvorräten. Riker entscheidet sich, den letzten Hang an der Pension nicht mehr zu nehmen und sein Auto oben zu parken. Ein Fehler.

Schnee (2)

Frühstückstafel Sonntagmorgen. Die Abreise zum Ramada-Hotel naht. Das befindet sich nur eine Autobahnabfahrt an der neu gebauten A17 weiter. Geschätzte Fahrzeit zehn Minuten. Normalerweise. Wir brechen 09.20 Uhr auf.
Mitte März. Draußen ist es halbwegs hell ... und schneit. Es liegen ca. drei Meter Schnee. Zu unserer freudigen Überraschung hat unser Pensionswirt seine Auffahrt gefräst. Mikly und Simon nehmen heute den Hang ohne Probleme. Die meisten Schwierigkeiten bereitet Rikers Gefährt, das auf der Anhöhe Winter in Bannewitz völlig eingeschneit ist und keine Chance zum Wenden hat. Nach 25 Minuten haben wir alle drei Autos die 500 Meter Dorfstraße bis zur Autobahnauffahrt bugsiert. Um 09.50 Uhr treffen wir am Ramada-Hotel ein.
Dort stehen alle bereits anwesenden Dresdner und der Schiri in der Empfangshalle Spalier und schauen beinahe ungläubig ob unserer nahezu pünktlichen Ankunft (sie wissen ja nicht, dass wir übernachtet haben). Niemand denkt ernsthaft daran, uns fünf Minuten abzuziehen.

Schach

Präsidiale Analyse bei Leo Nun soll es also steigen – das Match. Niemand konnte vor Saisonbeginn ernsthaft mit dieser Ausgangslage rechnen. Mit zuletzt erhöhter Schlagzahl und gütiger AEM-Floh-Mithilfe sind wir Dresden ganz dicht auf den Fersen. Man nimmt uns ernst, Alexander Goldberg wird aktiviert und nur Jakob Loxine, der schon zuletzt gefehlt hat, durch Silvio Baier ersetzt. Auch wir wollen unsere Chance wahrnehmen. Wir treten mit Ausnahme von Ticia, die in Reykjavik ein super Turnier bestreitet, ebenfalls in Stammformation an.
Im Spielsaal tummeln sich schon viele Dresdner Mannschaften (aber keine weitere vom DSC; u. a. findet das Aufstiegsmatch zur Sachsen-Liga zwischen Leuben und Grün-Weiß statt). Da ein Team nicht anreisen kann, haben wir wenigstens unmittelbar hinter uns minimal mehr Platz, aber bei weitem nicht so viel wie 2004 in einem anderen Raum gegen DSC II.
Holly vs. Wolfgang Uhlmann Der Startschuss fällt und ... Dresden ist nicht komplett. Während einige Versprengte den chaotischen Stadtverkehr mit minimaler Verspätung bewältigen, bleibt Falkos Bindrichs Brett eine halbe Stunde lang verwaist. Falko reist mit seinem Vater immer aus Zittau an, aber heute hat Oswald keine Chance, mit dem Auto wegzukommen. Es scheitert bereits an der Auffahrt. Auch die Züge sind ausgefallen. Schließlich wird ein Taxi organisiert, welches mit kundigem Fahrer am Steuer die Verspätung in Grenzen hält.
Das Match ist von Beginn an sehr intensiv und ... nimmt einen für uns schwierigen Verlauf. Harald ist hochmotiviert und da helfen natürlich auch Leos widerlegte Opfer nicht. Eine Figur ist vom Bauern angegriffen, Harald überlegt eine halbe Stunde und ... man ahnt es: Die Figur bleibt, wo sie ist, Harald rochiert. Paul Brain vs. Dirk Wegener Hoffmann nimmt nicht gleich (kann er vermutlich auch nicht unbeschadet), wird aber einen Zug später dazu gezwungen. Die Lage ist zunächst verworren, löst sich aber zu deutlichem schwarzen Vorteil auf. Harald muss fortan nach Kompensation suchen. Selbige sucht auch Simon, wenngleich nur für einen Bauern. Bei Rückgewinn droht jedoch immer eine Umkehr der Aktivität beider Lager, sodass der Status quo vorerst nicht wieder hergestellt wird. Sein Remisangebot in unklarer Lage wird von Volker Seifert abgelehnt.
Mikly und Yogi werden von ihren deutlich stärkeren Gegnern irgendwann angegriffen – noch nichts Ernstes. Dana spielt eine typische Dana-Partie, bei der niemand von den Außenstehenden durchblickt (heterogene Rochaden in einem Pirc-Aufbau). Holly und Brain versuchen im Tarrasch-Franzosen gegen die Dresdner Hauseröffnung und den Isolani zu kneten. Normi steht als Schwarzer recht bequem.
Mikly vs. Silvio Baier Früh zeichnet sich ab, dass die Franzosen unbeschadet über den Wintertag kommen. Holly steht irgendwann mit Banane und Schokolade in der Empfangshalle, was den Remisschluss zur Gewissheit werden lässt, denn während der Partie isst er nie etwas und die Banane an 1 hat normalerweise nichts zu fürchten. Holly hatte sich natürlich was vorgenommen, aber die Vorteilswege im Tarrasch sind schmal und nicht jedesmal ausreichend gegen die Französisch-Institution Wolfgang Uhlmann.
Mit Fan Franz, einem alten Schulfreund von Simon aus München, der die Anreise am Samstag bewältigt hat, diskutieren wir die Chancen und sehen die leicht besseren bei Dresden. Aber erst die Zeitnotphase wird die Entscheidung bringen.
Spielsaal mit Dana und vielen Dresdner Mannschaften Zunächst wird Normi diplomatisch nahegebracht, dass er Sebastian Eichners Remisgebot ablehnen soll ("Es ist besser, wenn noch mehr Partien laufen."). In besserer Stellung überspannt er mit einem Qualitätsgewinn fast den Bogen, da Weiß bei genauem Spiel wohl trotz des Minusmaterials eine komfortable Stellung erhalten hätte. Nach einem Fehlgriff Sebastians ist es aber sofort aus. Normi hievt sich mit dem dritten Sieg in Folge auf 7/9 bei sechsmal Schwarz! Der Lauf an Brett 3/4 vom Vorjahr. Weniger gut ergeht es in Zeitnot unseren anderen häufigen Schwarzkämpfern Mikly und Simon, deren Partien jäh mit dresdenfreundlichem Resultat enden. Ihre Schwarzaufgaben waren aber im Verhältnis sicher ebenso schwer wie die von Dana gegen Top-Scorer Falko Bindrich. Dana hat eine Figur geopfert, um die gegnerische Königsstellung aufzureißen und dabei Falko im Zeitverbrauch schnell wieder überholt. Sie ist später sicher, gute Chancen ausgelassen zu haben. Die chronische Zeitnot fordert diesmal in hochkomplizierter Lage Tribut und als Weiß bereits zum entscheidenden Konter ansetzt, heißt es bei Dana ZÜ. Wie auch bei Simon mit den berüchtigten analog-digitalen Uhren. In beiden Fällen aber wie gesagt nicht mehr entscheidend.
Vogelrast am Dresdner Tor Damit ist Dresden klar auf der Siegerstraße, da Harald allenfalls vage Remisaussichten besitzt und auch bei Brain das Remis im Turmendspiel seit längerem absehbar ist. Dirk Wegener versucht noch kurz der totalen Vereinfachung auszuweichen, aber wenige Züge später ist die Punkteteilung perfekt. Inzwischen hat auch Yogi in der Zeitnotphase seine Partie beendet – mit einem schönen Sieg! Yogi hat dabei gegen Alexander Goldberg eine der größten Wertzahldifferenzen am heutigen Tag wettgemacht, die bis auf Brett 1 überall recht klar ausfällt. Schon unmittelbar nach Ebersbach und der vorausgegangenen Doppelnull war spürbar, dass sich Yogi besonders reinhängen würde. Unnachahmlich seine Zettelvorbereitung, die auf Datenbanken und Literatur basiert, die ansonsten wohl nur Heinz und einige Sammler antiken Guts ihr eigen nennen können.
Smoke on the Notebook Der Zeitnot-Pulverdampf hat sich verzogen, Dresden führt 4:3 und Paul verwaltet Läufer/Springer + zwei Bauern gegen Haralds Turm + Bauer. Das Remisgebot von Paul liegt in der Luft, da der Sekt schon kühl ist, und folgt wenig später. Natürlich kann Harald nicht ablehnen. 4,5-Sieg für die Gastgeber! Es könnte verfrüht und scheinheilig wirken, jetzt schon zum Aufstieg zu gratulieren. Aber nachdem Dresden sich im zweiten Oberligajahr zusammengerauft und fast durchgezogen hat, wäre der Aufstieg folgerichtig.
Bei uns wird die Enttäuschung bei dem einen größer, bei dem anderen weniger groß sein, sollte sich aber Gute Sicht auf der Rückfahrt insgesamt in Grenzen halten und mit Danas/Miklys Frustzigarre verpaffen (anderntags wird Dana bei schönstem Winterwetter auf dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal die Schlacht von Dresden weitgehend abgehakt haben). So oder so ist es eine tolle Saison von jedem(r) einzelnen, und auch die Art und Weise der knappen Niederlage passt ins positive Bild. Es macht Spaß und war auch eine interessante Erfahrung in dieser Atmosphäre und Ausgangslage gegen Dresden anzutreten.

Ulf

Fotoreservist Ulf Die Rückfahrt führt uns wieder zu Dresdens Toren und zu unserer Überraschung treffen wir dort auf die Rochadler Mike, Ralf und Falk. Sie berichten bereits von der sich abzeichnenden Niederlage nach 3,5:0,5-Führung, obwohl noch Partien laufen. Mir unterläuft ein weiterer Fehler, denn ich habe den Fotoapparat nicht dabei, um das Treffen abzulichten. Als ich vom Auto zurückkomme, haben mir die Magdeburger ein Schnippchen geschlagen, indem sie mir bereits entgegenschlendern.
Nachdem ich das Foto also schon aufgegeben habe, naht Rettung in Form des zweiten Autos mit Martin und Ulf. So kann der Spieltag mit den neuesten RMK-Streitfällen aus Coswig ausklingen. Flash, Ulf und alle anderen: Wir sehen uns zum Finale in Halle!

c. r.

Sprüche

"An 1 wird Remis, Falko B. macht den Punkt an zwei. In der Mitte hat Löberitz Chancen, hinten dagegen Dresden. Also ein knapper Dresdner Sieg."
Muckls Dresden-Prognose nach dem Ebersbach-Spiel

"Von 4,5 für bis 4,5 gegen uns ist alles drin."
Normi bespricht am Vorabend die gesamte Bandbreite der möglichen Ergebnisse

"Dana und Mikly sind wach – ich habe eindeutige Geräusche gehört."
Riker bei der Rückkehr von seinem Morgenrundgang an den noch halb verwaisten Frühstückstisch

"Dann geht doch zu McDonald's – vielleicht ist das ja eure Erfüllung!"
Der Wirt der Eutschitzer Mühle zu seinen spät-warm essen wollenden (Fast-)Gästen

  Dresdner SC SG 1871 Löberitz 4,5:3,5
1 GM Uhlmann, Wolfgang Pröhl, Holger ½
2 IM Bindrich, Falko WGM Reiznice, Dana 1-0
3 FM Wegener, Dirk Schuster, Martin ½
4 FM Eichner, Sebastian Schütze, Norman 0-1
5 Hoffmann, Paul FM Matthey, Harald ½
6 FM Seifert, Volker Spreng, Simon 1-0
7 FM Goldberg, Alexander Bilawer, Andreas 0-1
8 Baier, Silvio Klyszcz, Michael 1-0

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