Das 115 jährige Schachjubiläum

Premiere der Löberitzer Schachtage

Lasker-Turnhalle, Eingang 1986 wiederholte sich der Gründungstag des Löberitzer Schachclubs zum 115. Mal. Dieses Jubiläum sollte Anlass zu einer großen Feier sein.
Die Vorbereitungen begannen schon zwei bis drei Jahre vorher. Konrad Reiß befasste sich mit dem Studium alter Schachzeitungen und Kongressbücher aus dem vorigen Jahrhundert. Uwe Bombien beschaffte die kostbaren Raritäten aus der Leipziger Universitätsbibliothek. Dort konnten dann auch wichtige Passagen kopiert werden, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt eine einfache Sache war und schon gar nicht billig.
Auch der "Zörbiger Bote", die von 1871 bis 1945 bestehende Heimatzeitung der Stadt Zörbig und Umgebung, wurde akribisch nach interessanten Einzelheiten durchforstet.
Diese Arbeiten waren Grundlage für eine Löberitzer Schachchronik. Mit Schreibmaschine geschrieben und mit vielen Zeichnungen des Halleschen Malers Franz Dießner aufgelockert konnte sich das Büchlein sehen lassen. Leider gab es aber keine Druckerlaubnis, und so wurde die Chronik zum Unikat. Dennoch war die Arbeit nicht nutzlos. Immerhin belegte sie eine interessante Schachtradition.
Doch nicht nur theoretische Vorbereitungen waren gefragt sondern auch praktische. Hier ließ sich das Triumvirat Reiß-Bombien-Weiß allerhand einfallen.
Begünstigt wurde das Jubiläum auch mit der Einweihung der gerade renovierten Turnhalle. Hier wurde der alte Saal der "Weintraube" umgebaut und mit einer Heizung versehen. Für die Löberitzer Schulkinder war das natürlich eine dienliche Errungenschaft.
Die Schachspieler wiederum nutzten die alte schachliche Tradition des Bauwerks, und so planten sie eine Namensgebung im Sinne des Schachsportes. Es bot sich natürlich die Benennung nach dem bekanntesten Besucher Dr. Siegbert Tarrasch an, doch die DDR-Sportgeschichtsschreibung konnte damit wenig anfangen. Anders war das bei dem deutschen Weltmeister Lasker. Hier konnte durch seine Emigration in die Sowjetunion eine direkte antifaschistische Haltung abgeleitet werden. Der Antrag auf die Namensgebung wurde dann auch neben Laskers Namen mit dem Untertitel "Sporthalle der deutsch-sowjetischen Freundschaft" untermauert.
Eine Schautafel im Eingangsbereich belegt bis zum heutigen Tag die Geschichte des Bauwerkes und befaßt sich mit dem Leben des Schachweltmeisters Dr. Emanuel Lasker.
Das Jubiläum erstreckte sich über zwei Wochenenden vom 20. bis zum 29. Juni. Am ersten Wochenende kam ein Mannschaftsschnellschachturnier zur Austragung. Dieses gewann Gornik Zabrze vor der BSG Lok Delitzsch und der BSG Chemie Buna Schkopau. Die Löberitzer siegten im B-Finale. Auch während der Woche war allerhand los. Die Löberitzer erhielten zur Wochenmitte auch einen mehrtägigen Besuch der polnischen Mannschaft "Start Lublin", die immerhin mit den Internationalen Sachmeistern Henryk Dobosz und Andrzej Sydor antraten. Das Team fand geschlossen bei Familie Karl-Heinz Erhard Unterkunft. Ein Mannschaftsvergleichskampf verloren die Löberitzer natürlich mit 1 ½ : 3 ½ und auch die Offene Löberitzer Blitzmeisterschaft hatte im kleinen Kreis Premiere. Hier siegte der polnische Jungmeister Zbigniew Pyda vor IM Andrzej Sydor. Eine kleine Überraschung gab es durch Konrad Reiß. Er erkämpfte sich vor dem IM Dobosz den 3. Rang.
Beide Titelträger stellten sich am Samstag, dem 28. Juni, gemeinsam mit dem Halleschen Großmeister und DDR-Spitzenspieler Dr. Burkhard Malich an 80 Brettern zum Simultan. Dabei reichten die Plätze in der Turnhalle nicht aus, und Henryk Dobosz spielte bei herrlichem Wetter vor der Halle.
Das Jubiläum kam bei den zahlreichen Besucher, zu denen auch der Internationale Meister Heinz Liebert zählte, gut an, und so war es für die Löberitzer selbstverständlich, die Schachtage auch in Zukunft auszutragen.

Konrad Reiß

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