VfB-Open Leipzig 2010

Schindler, Christian (2147) - Graf, Alexander (2598)
17. VfB Schach Leipzig Open (Leipzig), 07.03.2010

[Christian] [D13]


Ausgangsstellung D13: Damengambit (Slawische Verteidigung, Abtauschvariante)
Wie soll man sich gegen einen 500 DWZ-Punkte staerkeren Spieler verhalten? Ich hatte mir vorgenommen, auf keinen Fall Verwicklungen zuzulassen. Aus denen kann ich nur als Verlierer hervorgehen. Schoen ruhig spielen, gut aufstellen und der Dinge harren, die da kommen. Also darf man hier kein brennendes Brett erwarten, denn mit fliegenden Fahnen unterzugehen ist nunmal auch einfach untergehen.
1.c4 Ich hatte mich ein wenig vorbereitet, da Graf aber alles spielt, war es doch sehr ungewiss, ob die Vorbereitung aufs Brett kommt.
1...c6 Ok, Vorbereitung kommt nicht!
2.Sc3 d5 Dann halt Abtauschslawe. Dies kam mir entgegen, da dort Schwarz bei unambitioniertem weissen Spiel nix hat. (Ausser vielleicht die g5-Variante, siehe Jakob bei der DEM?!)
3.cxd5 cxd5 4.d4 Sf6 5.Sf3 Sc6 6.Lf4 Se4 Das kann doch eigentlich nicht gut sein, verstoesst es doch gegen elementare Eroeffnungsregeln. Es scheint aber bevorzugt die Wahl deutlich favorisierter Spieler zu sein, um der Theorie aus dem Weg zu gehen. Oder ist dies etwa Theorie?
7.e3 Sxc3 8.bxc3 g6 9.Le2
[9.Se5 Lg7 10.Sxc6 bxc6 11.Da4+ / = Andersson,Ulf - Lalic,Bogdan Remis (45) Benasque 1994 Scheint im Sinne, erstmal nur das Remis zu sichern, die richtige Fortsetzung zu sein.]
9...Lg7 10.O-O O-O 11.c4 dxc4 12.Lxc4 Sa5?!
[12...Lf5 hatte ich mit gerechnet und scheint auch das Beste fuer Schwarz zu sein]
13.Ld3+ / = Le6 14.Tc1 Sc6
[14...Lxa2? wird widerlegt durch
15.Lc7 Dd5 16.Tc5 Dd7 17.Txa5 Ld5 18.Se5+ -]
[14...Tc8 15.Txc8 Dxc8 16.Dd2 Sc4 17.Db4 Sd6 18.Da3 a6 19.e4 Dc7 20.Tc1+ / - scheint auch gut fuer Weiss zu sein]
15.Da4 Da5?! hatte ich als schlecht angesehen, was es auch ist!
16.Dxa5 Sxa5 17.Tc5 b6 18.Tc7 Lxa2 19.Le4 Tac8 20.Txa7 Hier war ich mit meiner Stellung sehr zufrieden. Ich liebaeugelte sogar damit vielleicht den b6 mal abgreifen zu koennen.
20...f5
[20...Lc4 21.Tb1 f5 22.Lc2 Sc6 23.Ta3 b5 24.Lb3 Ta8 25.Lxc4+ bxc4 26.Tc3 Ta4 27.Tbc1 Tfa8 28.Kf1 Sa5 29.T1c2 h6 30.Le5+ / = scheint angenehm fuer Weiss zu sein]
21.Lb1 erste Ungenauigkeit, verdirbt aber noch nix
[21.Ld3 hier steht Weiss einfach gut z.b.:
21...Lf6 22.Se5 Tc3 23.Lb5 Ld5 24.Sd7 Ta8 25.Txa8+ Lxa8 26.Sxb6 Tb3 27.Sxa8 Txb5 28.Sc7+ / - und man hat erstmal einen Bauern mehr, ob der zu verwerten ist ist fraglich, allerdings hat hier Schwarz keine Chancen mehr auf den ganzen Punkt]
21...Lc4 22.Te1
[22.Tc1 irgendiwe wollte ich Sb3 aus dem Weg gehen, allerdings ist der nicht zu fuerchten
22...Sb3
(22...Lf6 23.Tc7 b5 24.Sd2 Kg7 25.h3 und Schwarz ist um gute Zuege verlegen)
23.Tc2 Ld5 24.h3 Txc2 25.Lxc2 Sc1 26.Le5 Lf6 27.Lxf6 exf6 28.Td7 Lxf3 29.gxf3 Tc8 30.La4+ / - man behaelt den aktiveren Turm und hinzukommt, dass T+L im Allgemeinen leicht besser als T+S sind, besonders hier mit Bauern auf beiden Fluegeln]
22...Lf6 23.Le5= nun ist der ganze schoene Vorteil weg
[23.h3 erstmal ein Luftloch machen ist wohl das Beste und man kommt nicht mehr in Schweinereinen wie in der Partie
23...e6 24.Sd2 Ld5 25.Ld3 Sc6 26.Td7 Tfd8 27.Txd8+ Txd8 28.Lc7 Td7 29.Lxb6 erstmal mit Mehrbauern, was Schwarz zu Vereinfachungen zwingt, in denen Weiss, wenn er will das Remis sichern kann
29...e5 30.e4 fxe4 31.Sxe4 Lxe4 32.Lxe4 Sxd4 33.Lxd4 exd4= und das Remis sollte bald unterschriftsreich sein]
23...Ta8 24.Txa8 Txa8 25.Lxf6 exf6 26.Sd2 b5 27.Sxc4 bxc4 hier sah ich erst, dass das geplante La2 an Sb3 scheitert
28.g4- / + Was mich dazu verleitet hat, ist schwer zu erklaeren. Kf1 und Lc2 sollten immer noch zum Remis reichen. Aber irgendwie habe ich Gespenster gesehen ...
[28.La2 Sb3
(geplant war in etwa
28...Tb8 29.Tb1 Sb3 (29...Txb1+ 30.Lxb1 c3 31.Kf1 Sc6 32.Ke2 Sb4 33.Ld3 Kf8 34.Lc4 Ke7 35.Kd1 h6 36.g3 Kd6 37.Kc1 sollte Remis sein, da alle schwarzen Figuren irgendwie gebunden sind: Springer an c3 und Koenig an den Koenigsfluegel) 30.Lxb3 Txb3 31.Tc1 Tb4 32.Kf1 Kf7 33.Ke2 Ke6 34.Ta1 was zum Remis reichen sollte. Doch leider gab es ja 28. ... Sb3.)
29.Lxb3
(29.Te2 sieht dann nicht mehr gut aus und ist es auch nicht)
29...cxb3 30.Tb1 b2- + und dem Koenig mangelt es an Luft]
[28.Kf1 nun geht wieder La2
28...Tb8 29.La2 Tb4 30.Tb1 Ta4 31.Tb2 Kf7 32.Ke2 Ta3 33.Tc2 Sb3 34.Kd1 Ke6 35.Tb2 Kd5 36.Kc2 Sa1+ 37.Kd2 Td3+ 38.Ke2 Tc3 39.Kd2=]
28...fxg4 nun hat man einfach einen Bauern weniger und Graf kommt auch ohne Probleme in eine Gewinnstellung
29.Le4 Tb8 30.Ld5+ Kf8 31.Ta1 Tb5
[31...c3 32.Tc1 Tc8 33.Kf1 koennte haltbar sein]
32.Le6 h5 33.Tc1
[33.Ld7!? ist vielleicht eine Alternative
33...Tg5
(33...Td5 34.Le6=)
34.Tb1 vielleicht koennnen die aktiven Figuren es rausreissen]
33...Tb6 34.Ld5 Ke7 35.Tc2 Tb4 36.e4?
[36.Kf1 sieht noch spielbar aus oder besser gesagt, er hat noch mehr Zeit mich zu quaelen]
36...Sb3- + 37.Txc4
[37.Lxc4 Sxd4 38.Tc1 Sf3+ 39.Kg2 Sg5- +]
37...Txc4 38.Lxc4 Sxd4 Hier dachte ich: Vielleicht kann man irgendwie die Bauern reduzieren und dann den Laeufer fuer den letzten geben, aber mein Gegner hat hier sicher bereits gesehen, dass es total gewonnen fuer ihn ist.
39.Kg2 g5 40.h3? Jaja, der 40. Zug. Wieso tut man da nur sowas? Danach ist es einfach verloren, aber wohl auch sonst..
40...gxh3+ 41.Kxh3 Se6 42.Kg3
[42.Lb5 aendert auch nichts mehr am Ausgang der Partie
42...Kd6 43.Le8 Sf4+ 44.Kg3 h4+ 45.Kf3 Sd3- +]
42...Kd6 43.Kf3 Ke5 44.Ke3 g4?? Und nun kommt der ausgelutschte Spruch: "Selbst ein Spitzen-GM ist auch nur ein Mensch!"
[44...h4 und es ist ganz schnell vorbei, was ich waehrend der Partie gar nicht gesehen hatte. Ich dachte, man kann noch irgendwie spielen, aber der h-Bauer ist einfach durch, bzw. man verliert den e-bauern.
45.Lf1 Sf4 46.Kf3 Kd4 47.Lb5 h3 48.Kg3 Kxe4- +]
45.Lxe6!! Die Ausrufezeichen goenne ich mir!
45...Kxe6 46.Kf4 Kf7 47.Kf5 Kg7 48.e5 fxe5 49.Kxe5 Kg6
[49...h4 50.Kf4 g3 51.Kf3=]
50.Kf4 Kf6 51.f3 Das war doch bis zum 44. Zug eine sehr typische Partie Amateur vs Meister: Der Meister spielt in der Eroeffnung nicht ganz korrekte Varianten um der Theorie auszuweichen und dich zum Selber-Denken zu veranlassen, man kommt in eine gute Stellung, die man nicht verwerten kann, um dann irgendwann die Partie einzustellen.


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