Partienauswahl Oberliga Ost 2007/08 (1)

Tiefsinniges darf man hier nicht erwarten – eher eine breitgefächerte Auswahl kritischer, schöner oder sonstwie bemerkenswerter Momente. Sachsen-Anhalt-Beteiligung ist ein Schwerpunkt – das sächsische Derby kommt nicht vor.
Es wurde schon mehrfach angedeutet: Die USV-Reserve hielt mit der I. hervorragend mit. Nachfolgend einige Belege:

Engelmann, Jakob (2120) - Puls, Thomas (2190)
OLOA 07/08 USV Halle 2-USV Halle, 23.09.2007

[B01]


Ausgangsstellung 28.Kh1 Weiss ist wegen seiner geschwaechten Koenigsstellung wohl schon jenseits von Gut und Boese. Schwarz findet eine sehr geradlinige Fortsetzung.
28...Sg3+! Das naheliegende 28...f;e war gewiss auch nicht schlecht, aber der Textzug ist wohl noch staerker und verhindert jegliches Gegenspiel.
29.Kh2
[29.fxg3 Dxg3 30.Ld2 fxe4 31.d6 Kh8 32.Db3 Sd3- +]
29...Sxe4 30.Tg1 Dd6 31.Kh1 Dxd5 32.f3 Sd2 33.Da2 Sdc4 34.Lh6 Tf7 35.Dg2 Sg6 36.Lg5 axb4 37.Lb3 b5 38.Tgd1 De5 39.Te1 Dc3 40.Lxc4 bxc4 41.Ld2 Dd4 42.Lxb4 Sf4 43.Dd2 Sd3 44.Tg1 Dh4 45.Kh2 Te8 46.Ld6 Dd4 47.Lb4 Te3 48.Lc3 Dd6+ 49.Tg3 Tfe7

0-1

Besonders ärgerlich aus Sicht der II. die folgende Partie. Wenn man außerdem berücksichtigt, dass Weiß in Heyder - Eckhardt zwei recht gesunde Mehrbauern (zwar ungleiche Läufer, aber mit Türmen) nicht verwertete, kann man schon vom Wackeln der I. sprechen.

Hartwig, Maik (2120) - Neukirch, Detlef (2278)
OLOA 07/08 USV Halle 2-USV Halle, 23.09.2007

[A45]


Ausgangsstellung 41.Dxe4?? Stattdessen gewinnt
[41.Dd2! die gefaehrlichen Bauern und damit auch die Partie. Weiss moechte mit dem Koenig auf e4 schlagen. Dafuer muss man allerdings sehen, dass die Antwort 41.. .f5 nicht funktioniert.
41...Tgc1 der einzige Zug, der Dc3 verhindert.
(41...f5 42.Dc3+ Kg8 43.Sf6+ Kg7 44.Sh5+ Kf8 45.Dc8+ Ke7 46.Dc7+ Ke6 (46...Ke8 47.Sf6+ Kf8 48.Dd8+ Kg7 49.Kg5) 47.Sf6! sehr huebsch - Schwarz wird mattgesetzt!)
42.Kxe4 Tc2 43.Dxd3+ -]
41...Tb4! 42.Sxb4 d2 Die Aufgabe kommt sicher nicht zu frueh. Wegen der offenen Koenigsstellung wird Weiss wohl Damentausch oder weitere Verluste nicht vermeiden koennen.

0-1

Zu Chemnitz - Naumburg ein Auszug aus dem Naumburger Bericht:
"Der andere Neuzugang, Bernd Salewski, hatte nach couragierten Gambitspiel seinen kubanischen Gegner an den Rand einer Niederlage gebracht, wobei er zwischenzeitlich den Gewinnzug leider übersah!"
Und was für einen! Im Falle dieser genutzten Chance hätten die Naumburger vielleicht noch die zwei kurzzügigen Weiß-Remisen bereut ...

Salewski, Bernd (2059) - de la Cruz, Alfredo (2293)
OLOA 07/08 Chemnitz-Naumburg, 07.10.2007

[A80]


Ausgangsstellung 31...Tg7 32.Tf8? Auch danach ist die Partie objektiv noch lange nicht verloren, aber Weiss wird nun langsam ueberspielt. Ohne diese Einzelheiten naeher zu betrachten, schauen wir auf die wunderschoene verpasste Gelegenheit:




[32.Sc4!!+ - Zieht den Springer auf ein Feld, das Weiss nullmal und Schwarz viermal unter Kontrolle hat. Sehr aesthetisch! Dazu ist der Tf7 dreimal angegriffen. Dennoch hängt alles bei Schwarz: die Dame dank der Gabel auf d6, der Sa5, der Tc7. Ohne entscheidende Verluste kommt Schwarz nicht davon.]
32...De7 33.axb5 axb5 34.Dg4 Db4 35.c3 Da4 36.Dxe6 Sb3+ 37.Kb1 Da1+ 38.Kc2 Sxd4+

0-1

Rochade - Gohlis II war ein Kampf mit vielen interessanten Partien. Der Rochade-Sieg geht absolut in Ordnung – vor allem wenn man bedenkt, dass Ulf von Hassel in klar vorteilhafter Stellung völlig den Faden verlor. Die wohl spektakulärste Partie war die folgende:

Klemm, Dietmar (2241) - Hoffmeyer, Falk (2271)
OLOA 07/08 Roch.Magdeburg-Leipzig Goh.2, 07.10.2007

[A58]


Ausgangsstellung 46.Dc8 Wie deckt man den Te6?
46...Td7! So! 47.Txd7?? Der war tabu.
[47.Dc2 mit der Idee, den schlecht stehenden Ta3 schnell auf die 2. Reihe zu beordern und gleichzeitig zu vereinfachen, sieht am besten aus.
47...Txd2+ 48.Dxd2 Tc6 49.Ta2
(49.Sd4 De4+ 50.Kg1 Td6)
49...Sd5
(49...Dxb3 50.a6Unklare Stellung)
(49...Tc1 50.Db2+ -)
50.Dxd5! m. E. am sichersten
50...Dxa2+ 51.Kg3 Tf6 mit Gegenspiel fuer Weiss]
[47.Tf2 Te3 und Schwarz steht sehr aktiv.]
47...Te2+ 48.Kg3 Se4+ 49.Kh4



g5+ Schade. Kuerzer und schoener ist
[49...De1+! Ablenkung von g5!
50.Sxe1 g5+ 51.Kh5 Sg3#]
50.Sxg5+ hxg5+ 51.Kh5 Sf6+ 52.Kxg5 Te5+ 53.Kf4 De4+ 54.Kg3 De1+ 55.Kf3 De2+ 56.Kg3 Te3+ 57.Kf4 Df2+

0-1

Bei AEM - Lok Mitte II hat der Kommentator die luxuriöse Ausgangslage zweier vorliegender Berichte angetroffen. Sowohl AEM als auch Lok Mitte haben den Kampfverlauf aus ihrer Sicht geschildert. Da ist die Vorauswahl relativ schnell getroffen.
Interessant und durchaus widersprüchlich die Schilderungen zur Partie am Spitzenbrett:
"... Der Spitzenmann am Spitzenbrett kämpfte mit zwei Mehrqualitäten gegen einen flauschigen Königsangriff, hielt aber stand, bzw. lief aber leider ins Dauerschach, weshalb auch hier nur ein halbes Pünktchen raus sprang ..." (AEM)
"Sichlich das Highlight des Matches !!
Steffen packte eine ganz staubige Variente im Lb4-Franzosen aus und binnen kurzem wurde das ganze hochtaktisch. Er opferte Bauer und Qualität für eine eingemauerte schwarze Dame auf h2, nach einem zweiten Bauern- und Qualitätsofer jubelten wir bereits von Mattbildern geblendet. Das erwies sich jedoch als Katzengold; im folgenden zeigte sich, dass Steffen zur Fortsetzung des Angriffs die Klammer um die Dame lockern und der sich umsichtig verteidigende Gordon so die Oberhand gewinnen muss. Es schien eine Duplette der Partie der letzten Saison werden, aber es kam doch anders.
Eine Ungenauigkeit in der Verteidigung glich noch dem Verlauf, aber dann gab er im Gegensatz zur letzten Partie doch Dauerschach und gab dismal nicht - diese Chance ignorierend - entnervt auf." (Lok)
M. E. waren die Magdeburger Erwartungen an diese Partie etwas zu hoch, wenn sie das Dauerschach bedauerten. Ich denke, das Fehltrittrisiko lag mehr bei Schwarz – nicht nur wegen der eingesperrten Dame, sondern auch wegen des unterentwickelten Königsflügels. Es würde mich überraschen, wenn die Analyse nicht mehr plausible Gewinnversuche für Weiß als für Schwarz ergäbe. Andererseits ist es für mich Außenstehenden mit sehr begrenzter Spielstärke aber praktisch unmöglich, diese Partie bei vertretbarem Zeitaufwand halbwegs vernünftig zu analysieren. Ich lasse mich also gern von dem belehren, was die Donnerstagsrunde rausfindet.

Weitzer, Steffen (2245) - Andre, Gordon (2318)
OLOA 07/08 AE Magdeburg-Lok Leipzig 2, 07.10.2007

[C15]


Ausgangsstellung 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4 4.Sge2 dxe4 5.a3 Le7 6.Sxe4 b6 7.S2g3 Lb7 8.Le3 Sd7 9.Dg4 g6 10.De2 h5 11.h4 Lxh4 12.Txh4 Ich habe interessehalber mal gesucht und keine Vorgaenger zu dieser Stellung gefunden.
12...Dxh4 13.Lg5 Dh2 14.d5 Lxd5 15.O-O-O h4 16.Txd5 hxg3
[16...exd5? Das ist offensichtlich schlecht - hier nur eine nette (nebenloesige) Variante:
17.Sf6+ Kf8 18.Sxd7+ Kg7 19.De5+ Kh7 20.Dxd5 Sh6 21.Sh5+ - Gegen die vielen Drohungen wie D:f7! und Sdf6+ gibt es keine Verteidigung.]
17.Txd7 Auch einfache Turmrueckzuege muesste man untersuchen.
17...Kxd7 18.Db5+ c6 19.Dd3+
[19.Da6!?]
19...Ke8 20.Sd6+ Kf8 21.Df3
[21.Sxf7 Kxf7 22.Dd7+ Kf8 23.Dd6+ Kg7=]
21...Sh6 22.Dxc6 Kg7 23.Dc3+ Kh7 24.Se4 Thc8 25.Sf6+ Kh8 26.De5 Tc5 27.Sd5+ Kg8 28.Sf6+ Kh8 29.Sd5+ Kg8

1/2-1/2

Nuancen gab es auch in beider Sichtweisen zum folgenden Remisschluss:
"Susan wiederholte in vielleicht besserer Stellung die Züge einmal zu oft - Remis." (AEM)
"... Wolfgang musst noch beide Figuren für einen Turm und einen Bauern geben und es war schnell klar, dass nur noch ein kleines Wunder / Fehler helfen kann. (Wobei die späteren Analysen nie so richtig klar waren, ich denke jedoch das die Stellung objektiv verloren war.)
Das Wunder kam dann schnell in Form einer Regelschwäche von Susan: Um Zeit zu schinden pendelte sie mit ihrem Turm zwischen erster und zweiter Reihe und zu ihrem Entsetzen bestätigte der Schiri dann Wolfgangs Reklamation auf Stellungswiederholung." (Lok)

Just, Wolfgang (2189) - Großmann, Susan (2048)
OLOA 07/08 AE Magdeburg-Lok Leipzig 2, 07.10.2007

[A43]


Ausgangsstellung 30...Te2 31.Tf2 Te1+ 32.Tf1 Te2 33.Tf2 Te1+ 34.Tf1 Te2 35.Tf2

1/2-1/2

Schlussstellung in Müller - Windelband Ich bin geneigt der sehr viel unverbindlicheren AEM-Variante zu folgen und halte den Remisschluss durchaus für plausibel. Angesichts dessen, was später in Müller - Windelband geschah (siehe nebenstehendes remisiges Schlussdiagramm), war er sogar goldrichtig (auch wenn man das zu diesem Zeitpunkt wohl nicht wissen konnte).
Wie auch immer: Die weißen Türme sind aktiv und Turmtausch nutzt bekanntlich hier nur Weiß.
Originelles gab es auch in unserem Kampf. Zunächst der (oberflächliche) Blick auf Bilawer - Zipfel und auf den Unfall an vier ausgangs der vierten Stunde.

Bilawer, Andreas (2147) - Zipfel, Frank (2183)
OLOA 07/08 Loeberitz-Jenaph.Jena, 07.10.2007

[A00]


Ausgangsstellung 1.e4 d5 2.Sc3 dxe4 3.Sxe4 Dd5 4.Sg3 Sc6 5.Sf3 e5 6.d3 h5 7.h4 Lg4 8.Le2 O-O-O 9.Le3 f5 10.Lg5 Sf6 11.O-O Lc5 12.c3 Lxf3 13.Lxf3 e4! Damit kommt Schwarz zunaechst in Vorteil, ohne etwas Entscheidendes zu haben. Ueber das spaetere Qualitaetsopfer kann man sicher geteilter Meinung sein.
14.Le2
[14.dxe4? De5 Doppelangriff auf g3 und d1]
14...exd3 15.Lf3 De5 16.Sxh5 Td7 17.Sf4 Txh4 keinesfalls erzwungen.
[17...Dd6!?]
18.Lxc6 bxc6 19.Lxh4 Dxf4 20.Lxf6 gxf6 21.Df3
[21.Dh5!?]
21...Dxf3 22.gxf3 Ld6 23.Tfe1 Tg7+ 24.Kh1 Th7+ 25.Kg2 Tg7+ 26.Kh1 Th7+ 27.Kg2 Tg7+

1/2-1/2

Matthey, Harald (2248) - Middelhoff, Cornelius (2176)
OLOA 07/08 Loeberitz-Jenaph.Jena, 07.10.2007

[D37]


Ausgangsstellung 22.c5? In der Zeitnot des Gegners unterliegt Harald leider einer Fata Morgana. Der komplizierte Teil der kleinen Kombi war huebsch ausgedacht, aber wie so oft gibt es ein ganz einfaches Detail zu Beginn, das man uebersieht.
22...Lxc5 23.b4 Muesste der Laeufer sich nun zurueckziehen, koennte Weiss tatsaechlich risikolos auf Gewinn spielen, aber ...
23...Lxf2+ Uebersehen!
[23...Le7 24.Ld4 der Sinn des Bauernopfers: ...Lc5 ist aus der Stellung, und die schwarze Dame hat wenig Felder.
24...Db5Einziger Zug 25.Dxb5 Lxb5 26.Lxb7 Txc1 27.Txc1 a6 28.Tc8]
24.Kh1 Lxe4 25.Dxe4 Txc1 26.Txc1 De3 27.Dxe3 Lxe3 28.Tc7 f6 Schwarz schaffte die Zeit und gewann.

0-1

Nun hätte Holly gewinnen müssen. Obwohl es zuvor m. E. durchaus verheißungsvoll aussah, erschien diese Aufgabe zu dem Zeitpunkt schon recht problematisch:

Proehl, Holger (2408) - Darr, Sascha (2218)
OLOA 07/08 Loeberitz-Jenaph.Jena, 07.10.2007

[B18]


Ausgangsstellung 32.gxf3 Um die Qualitaet zu gewinnen, kompromittiert Weiss endgueltig seine Bauernstruktur. Die spaeter entstehende Stellung gaebe ein ueberraschendes und sehr treffendes Beispiel fuer Marins Qualitaetsopferserie in "Schach".
[32.Sxf3 Haelt die Bauernstruktur zumindest einigermassen in Takt, braucht aber laenger bis d6 und gewinnt deshalb keine Qualitaet. Angesichts des Gurkenlaeufers sicher zu wenig, mindestens im Vorteilssinne.
32...Sd5 33.Sd2
(33.b7 Tb8 34.Txc6 Txb7=)
33...S7xb6 34.Se4 Tc7]
32...Sd5 33.Se4 S7xb6! Trennt sich in hochgradiger Zeitnot goldrichtig von der Qualitaet. Natuerlich darf Schwarz keinen gedeckten weissen Bauern auf b7 zulassen.
34.Sd6 Sxb4 35.Sxe8 Txe8 36.La3 S6d5 37.Lxb4 Sxb4 38.Tc4 Sd5 39.Txc6 Ta8 40.Tdc1 Ta2 41.h4 Td2 42.T6c4 Kh7 43.T1c2 Td1+ 44.Kf2 Th1 45.Kg3
[45.Kg3 Se3 46.Tc1
(46.Tc7)
46...Sf5+ und Holly sah zwei Bauern verloren gehen mit gewissen Moeglichkeiten fuer Schwarz auf Gewinn zu spielen. Deshalb wollte er bereits mit 46.Tc7 abweichen und die Qualitaet sofort zurueckgeben. Natuerlich dachte Sascha Darr nicht im Traum daran bei schlechterer Zeit und 3,5:3,5 auf Gewinn zu spielen, aber das Remis kann Schwarz ohnehin dank mehrerer Schaukeln forcieren.]

1/2-1/2

Erstellt mit PGNtoJS