Müller, Frank (2234) - FM Gheng, Josef (2341)
DEM, 15.10.2005

Runde 1 [Frank Müller]


Ausgangsstellung In dieser Partie der ersten Runde erfreute ich mich seit einiger Zeit eines komfortablen Vorteils, der sich mit normalen Zuegen festigen liess, leider aber liess ich mich zu einem vorwitzigen und auf den ersten Blick unverdaechtigen Springerausritt verfuehren.
16.Se5 Nach der wahrlich naheliegenden (und von mir auch erwarteten) Replik
[Mein alternativer Zugkandidat
16.Le5 haette sicherlich mehr Freudenpotential geborgen.]
16...Sc4 versank ich nun in tieferes Nachdenken, denn erst jetzt realisierte ich, dass Schwarz eine Doppeldrohung aufgestellt hat. Neben dem offensichtlichen Sc4-d2 haengt auch unangenehm c6-c5 in der Luft.
Da mir nicht der Sinn danach stand, in Weichei-Manier meinen Springer zurueckzubeordern, entschied ich, dass es an der Zeit sei, alles auf eine Karte zu setzen (der einschlaegige Fachterminus "Norman-Zug" wurde mir indes erst spaeter bekannt).
17.Dc2!? c5! 18.Sxg6! Konsequent und mittlerweile auch ohne echte Alternative.
18...fxg6? Danach kommt Weiss wieder deutlich in die Vorhand.
[Besser ist18...Dd8! 19.dxc5 fxg6 20.Lxh6!
(20.Lxc4? bxc4 21.Dxg6 Lf7 22.Dg4 Dd7 ist jetzt natuerlich nicht mehr attraktiv fuer Weiss.)
Mit der Idee20...Lxh6 21.Lxc4 dxc4 22.Dxg6+ Lg7 23.Dxe6+Unklare Stellung fuehrte zu grossen Verwicklungen, in denen ich jedenfalls aus praktischen Gruenden in einer Schnellpartie die weissen Steine bevorzugen wuerde.]
19.Lxc4 bxc4 20.Dxg6 Lf7 21.Dg4 Kh7 22.Dxc8+ / - cxb4 So weit hatte ich gerechnet; Weiss ist fuer die beiden schwarzen Leichtfiguren sowohl in materieller als auch in positioneller Hinsicht ueberreichlich entschaedigt.
23.Lxb8? Fast ohne nachzudenken ein "Reflexzug", den ich mir schon wenige Sekunden spaeter selbst nicht mehr erklaeren konnte.
23...Db5= Natuerlich! Schwarz erobert ohne Konzessionen die Leichtfigur zurueck und erfreut sich fuerderhin eines konkurrenzlosen Laeuferpaares.
[Hatte ich womoeglich nur mit
23...Db6?? 24.Lc7+ - gerechnet? Ich habe wirklich keine Ahnung mehr....]
24.axb4?! Auf den ersten Schreck wird gleich noch die obligatorische zweiteUngenauigkeit nachgeschoben.
[Besser ist24.Dc7 Txb8 25.Dxe7=]
24...Txb8= / + 25.Df5+ Lg6 26.De6 Lf6 27.Ta1 Tb6 28.Dc8 Tb8 29.De6 Tg8?! 30.Ta7 Le4?! Das Vorbeben zu einem katastrophalen Uebersehen der Staerke 7 auf der nach oben offenen Patzer-Skala.
[30...Tg7= / +]
31.f3 Ld3?? Erst damit schlaegt er den Sargdeckel hinter sich zu.
[31...Db8! 32.Txe7+ Lxe7 33.fxe4 Dxb4 34.exd5Unklare Stellung haette Schwarz hingegen in der Partie gehalten...aber dazu haette irgend jemand Herrn Gheng mitteilen muessen, dass bei ihm eine Figur haengt.]
32.Dxf6+ - Leider ein unwuerdiges Ende eines nicht fehlerfreien, aber doch recht interessanten Schlagabtausches.
32...Tg7 33.Txe7 Txe7 34.Dxe7+ Kg6 35.Ta1 Lf5 36.Dd6+ Kg5 37.Ta6


1-0

FM Lang, Torsten (2352) - Müller, Frank (2234)
DEM, 15.10.2005

Runde 2 [Frank Müller]


Ausgangsstellung Auch in der zweiten Runde lief es fuer mich zunaechst alles andere als suboptimal. Mein starker Gegner, der am Ende den 3. Platz belegte, hatte bislang rein gar nichts erreicht und mit dem folgenden Zug leitete ich eine Abwicklung ein, die mir den halben Punkt garantieren sollte.
22...Sd5!? 23.Sxd5 Dxd5 24.c4!? Dd3! Diesen Zug hatte mein Gegner nach eigenem Bekunden unterschaetzt.
25.Dxd3 Sxd3 26.cxb5 axb5 27.Se4 Sxb2 28.Tdb1 Sc4 29.Txb5 Ta6 30.Ta4 Nach wie vor sitzt Schwarz auf der angenehmeren Seite einer Remisposition, doch nun kommt meine suizidale Seite zum Vorschein. Ein leider recht typisches Szenario: Bei knapper Zeit bekommt mein Gegner von mir ein bisschen fruchtlose Taktikspielerei serviert, die natuerlich nicht mal halb durchgerechnet ist und demzufolge auch hinten und vorne nicht funktioniert.
30...d5??
[30...Tc8=]
31.Txd5 Sb6 32.Td6!
[Das ist staerker als
32.Sc5 Tc8 33.axb6! (fast ueberfluessig zu erwaehnen, dass auch diese Moeglichkeit keinen Eingang in meine Erwaegungen gefunden hatte...)
33...Txa4 34.Lxe5 Lxe5 35.Txe5 Tb4 36.b7 Txc5 37.Txc5 Txb7 38.g4+ / - , obwohl auch hier die weissen Gewinnperspektiven in einer Schnellpartie, gerade angesichts meiner knappen Zeit, exzellent waeren.]
32...Tfa8 33.Tb4+ - Natuerlich!
33...Sc8
[Auf das geplante
33...Txa5 folgt einfach
34.Tdxb6 und die weissen Tueme haben die Grundreihe unter Kontrolle. Weiss behaelt damit den Bauern a5, der ihm den Sieg verbuergt.]
34.Txa6
[34.Td8+ Lf8 35.Lxe5+ - war noch staerker, aber es reicht auch so.]
34...Txa6 35.Tb8 Tc6 36.Lg3 und wenig spaeter...


1-0

Müller, Frank (2234) - FM Wichmann, Cliff (2312)
DEM, 15.10.2005

Runde 6 [Frank Müller]


Ausgangsstellung Das vielleicht interessanteste Handgemenge gab es in der 6. Runde zu bestaunen, in einer Partie, die sich fuer den weiteren Turnierverlauf der Beteiligten als richtungsweisend herausstellen sollte. Ich hatte im Revanchematch zu unserer Partie der Sachsenmeisterschaft, die ich verloren hatte, zunaechst auf deutliche Vorteile verweisen koennen, durch ein, zwei Ungenauigkeiten war die Stellung jedoch mittlerweile recht unuebersichtlich geworden. Die Kardinalfrage lautet: Geht er oder geht er nicht, der Einschlag auf g2? Cliff entschied sich nach gewohnt kurzer Entschlusszeit fuer ein klares "Ja!"...
24...Txg2+ Nun bricht die Taktikhoelle auf Erden los!
25.Kxg2 f5 26.Db4+! Dass dieser Zug - im Gegensatz zu unserer Annahme bei der post-mortem-Analyse - richtig und stark und gar der Gewinnzug ist, konnte ich erst in einer Gemeinschaftsarbeit mit meinem Busenfreund Fritz klaeren.
26...Ke8? Das Fragezeichen steht nicht fuer die objektive Qualitaet des Zuges - Schwarz war in jedem Falle verloren -, sondern dafuer, dass Cliff es mir damit eindeutig zu einfach macht, waehrend mich andere Koenigszuege gezwungen haetten, bei knapper Zeit zu zaubern (dass ich diesem Zwang nachgegeben haette, darf getrost bezweifelt werden).
[Ich hatte in erster Linie mit
26...Ke6 gerechnet, wonach indes das raffinierte
27.Db3! sehr huebsch gewinnt:
(Cliff und ich hatten waehrend und nach der Partie nur
27.c4 auf der Rechnung, wonach
27...Dc6 (Auf 27...bxc4 28.Db6+ Kd7Einziger Zug muss Weiss schon das nicht naheliegende
29.Td1! finden, um sicher Remis zu machen:
29...Tg8+ 30.Kf2 Dxd1 31.Db7+ Kd8 (31...Ke8?? 32.Dc8+ Ke7 33.Txe5+ Kf6 34.Txf5+ Kg6 (34...Ke7 35.Dc7++ -) 35.Tg5++ -) 32.Db8+ Kd7 33.Db7+=) 28.Dc3 Tg8+ 29.Kf2 fxe4 30.Dxe5+ Kd7 31.Txe4 zu einer Stellung fuehrt, die zwar von Fritz als ausgeglichen eingeschaetzt wird, jedoch von fehlbaren Kreaturen bei verkuerzter Bedenkzeit sicherlich noch einer Entscheidung (in welche Richtung auch immer) zugefuehrt werden kann.)
27...fxe4 28.f5+ Kd6 29.Td1+ -]
[Steinig und schmal ist der Pfad zum Gewinn nach
26...Kf6 27.c4! Dc6 28.Dc3! Te8
(Mit der Idee28...fxe4 29.Dxe5+ Kg6 30.Dg5#)
29.fxe5+ Ke6
(29...Kg6 30.Dg3+ Kh6 31.Df4+! Kg6 (31...Kg7 32.Dxf5+ -) 32.Tg1! Dxe4+ 33.Kf2+ Kh5 34.Dg5#)
(29...Kg7 30.e6+ Kg8 (30...f6 31.Kh3! fxe4 32.Tg1+ und matt.) 31.exf7+ Kxf7 32.Df3! Txe4 33.Dxf5++ -)
(29...Ke7 30.Db4+ Ke6 (30...Kd8 31.cxb5 Dg6+ (31...Dd5 32.Td1! Dxd1 33.Td4++ -) (31...axb5 32.Dd2+! Ke7 (32...Kc7 33.Tc1+ -) 33.Dd6+ Dxd6 34.exd6+ Kxd6 35.Txe8+ -) 32.Kh1 fxe4 33.Td1+ Kc7 34.Dc5+ Kb8 35.Td7 und matt.) 31.cxb5 axb5 (31...Dd5 32.Dd6+! Dxd6 33.exd6+ fxe4 34.Txe4+ Kd7 35.Txe8 Kxe8 36.bxa6+ -) 32.Db3+ Ke7 33.Da3+ Ke6 (33...Kd7 34.Td1+ Kc7 35.Tc1+ -) 34.Dh3!+ - und Weiss hat auf Umwegen eine der Hauptvariante entsprechende Situation hergestellt.)
30.Dh3! und Schwarz kann nicht verhindern, dass der weisse Turm sich demnaechst aus der Fesselung loest und das Namensschild "Mehrturm" umhaengt.]
[Huebsche Varianten gibt es auch nach
26...Kd7 zu bestaunen.
27.c4! ist wiederum der Killerzug:
27...Dc6
(27...bxc4 28.Dxc4 und da nach dem Wegzug der Dame f7 mit Schach haengt (und gleich anschliessend f5), gewinnt Weiss leicht.)
28.Td1+ Ke8
(28...Ke6 29.Td6+! Auch hier wird Glanz versprueht!
29...Dxd6 30.Txe5+ Kd7 31.Td5+ -)
29.Td5! Sehr elegant - und noch nicht mal nebenloesig!
29...fxe4 30.Txe5+ Kd7 31.De7+ Kc8 32.Tc5+ -]
27.Dd4+ - Vergleichsweise prosaisch, aber mir war's sehr recht!
27...Dxa2+ 28.T4e2


1-0

Müller, Frank (2234) - Wahedi, Ahmad Siar (2246)
DEM, 16.10.2005

Runde 9 [Frank Müller]


Ausgangsstellung Wir schreiben die 9. Runde und ich befand mich angesichts meines bisherigen guten Resultats und der aktuell drueckend ueberlegenen Stellung in einer Art Rauschzustand und so etwas tut ja bekanntlich der Objektivitaet bei der Zugauswahl hin und wieder ein wenig Abbruch. Mein Gegner hatte im letzten Zug seinen Turm nach c8 beordert und damit hinreichend deutlich gemacht, dass fuer den Fall einer langen weissen Rochade bereits das Empfangskommitee bereitsteht. In meinem Zustand haette mich allerdings selbst ein Warnschild von der Groesse des Empire State Buildings kaum von einem vorgefassten Entschluss abbringen koennen..."Der tut doch nur so, als kann er mir was!"
16.O-O-O? b5 Erst nach dieser offensichtlichen Antwort gefror mein inneres Grinsen zu Eis. Ich haette schon ein - in den FIDE-Regeln leider nicht vorgesehenes -zweimalige s Zugrecht benoetigt, um alle in der c-Linie SOS funkenden Truppenteile bergen zu koennen. Nach laengerem Nachdenken entschied ich mich fuer die verhaeltnismaessig beste Loesung.
17.Kb1! b4 18.Se2 Se5?! Diese Gier nach meiner Dame wird der Schuft noch ausgiebig bereuen duerfen!
[18...Sxd4! 19.Dd3 Sxf3= / + waere kritisch fuer mich geworden. Die weisse Kompensation reicht wohl nicht fuer 2 Bauern, obwohl in der Stellung bei verkuerzter Bedenkzeit sicherlich noch alles moeglich ist.]
19.dxe5 Txc2 20.Lxc2 Zu meinem unverdienten Glueck sind die beiden Figuren dank schlechter gegnerischer Figurenkoordination und nach wie vor besorgniserregender Koenigssicherheit keinesfalls schlechter als die schwarze Dame.
[Zwischenzeit lich war auch mir klargeworden, dass das urspruenglich mal anvisierte
20.exf6?? boese mit
20...Txb2+!- + gekontert wird.]
20...Sd7 21.Sf4 Sxe5 22.Sxe6 Df6 23.Sf4 g5?
[Nach laengerem Nachdenken mit zunehmend finsterem Blick ist dieser Zug wohl als - ein wenig verfruehte - Panikreaktion zu werten. Das natuerliche
23...Sxf3 verdiente auf jeden Fall den Vorzug, auch wenn sich die weissen Steine danach angenehmer fuehren.]
24.Sxd5 Dxf3 25.Sxb4+ / - a5 Es ist schwer, Schwarz einen besseren Zug zu empfehlen.
26.Lc3! Sg4? Nochmal Panik, diesmal schon eher berechtigt.
[Immerhin zaeher war
26...axb4Einziger Zug , auch wenn Weiss objektiv bereits auf Gewinn steht:
27.Lxe5 Lg7Einziger Zug 28.Lb3+ Kh7 29.Lxg7!
(29.Thf1 Dxf1 30.Txf1 Lxe5 31.hxg5 hxg5 32.Tf5 sollte allerdings auch gewinnen.)
29...Kxg7 30.Td7+ Kf8 31.Thd1!
(31.Tf7+?! Dxf7 32.Lxf7 Kxf7 33.hxg5 h5! 34.Kc2 Kg6 bereitet Weiss mehr technische Schwierigkeiten, als ihm lieb sein kann.)
31...gxh4 32.Ta7 Df6 33.e4! und der e-Bauer laeuft einfach durch, ohne dass Schwarz irgendetwas dagegen tun kann.]
27.Lb3+ Kh7 28.Td7+ Kg6 29.h5+ Kf5 30.Tf7+ Ke4 31.Ld5+

1-0

FM Kersten, Uwe (2337) - Müller, Frank (2234)
DEM, 16.10.2005

Runde 11 [Frank Müller]


Ausgangsstellung In der letzten Runde schloss sich fuer mich - nach dem groben Versehen meines Gegners in der Auftaktrunde - der Kreis im Hinblick auf meisterliche black outs. Die weisse Stellung weist bereits leichte Misshandlungsspuren auf , doch nun kroente mein Gegner seine Eroeffnungsbehandlung - nach reiflicher Ueberlegung! - mit
9.Da4+?? Ein Zug der Staerke 4 - 5 auf der nach oben offenen Patzerskala, moechte ich schaetzen.
9...Dxa4 10.Sxa4 Se4 11.Sf3
[11.Lf4 g5- +]
11...Ld7 Nach dieser aeusserst kraftsparenden Partie (ich hatte gerade mal reichlich 3 min verbraucht, mein Gegner immerhin 22 min) haette ich gut und gerne noch eine 12. Runde 'ranhaengen koennen - dann haette ich allerdings, in Ermangelung wuerdigerer, noch unbespielter Gegner, auf dem Speisezettel von Klaus Bischoff gestanden.


0-1

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