Wegener, Olaf - Degtiarev, Jewgeni
DEM 2004 (Höckendorf), 01.02.2004

[Robert Offinger]


Ausgangsstellung 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.O-O Sxe4 5.d4 Sd6 6.Lxc6 dxc6 7.dxe5 Sf5 8.Dxd8+ Kxd8 9.Sc3 Ke8 10.h3 Le7 11.Se2 Wie schon lange angekuendigt, versucht es Effi auch mal mit dem Berliner Wall. Sein Gegner weicht mit 11. Se2 von oft gespielten Varianten ab, z.B. spielten Leko-Adams vor kurzem in Wijk aan Zee
[11.Lf4 Le6 12.g4 Sh4 13.Sxh4 Lxh4 14.Kg2 und nach zaeher Verteidigung erreichte Adams ein Remis, nachdem er ein Minusbauern-Endspiel verteidigen musste. Das Stichwort "zaeh" zeigt schon, dass diese Eroeffnung Effi liegen koennte ;-).]
11...Le6 Allerdings gefaellt mir seine Fortsetzung 11...Le6 auf das seltene 11.Se2 schon nicht. In Grischuk-Georgiev passierte das mir logischer erscheinende 11...b6, denn Weiss hat ja nun seine Absicht Sed4 oder Sf4 zu spielen schon erklaert und da passt vielleicht 11... b6 besser als 11...Le6.
12.Sed4 Sxd4 13.Sxd4 Ld7 Das zeigt sich auch an 13. ..Ld7. Aber ich denke, da ist das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen, auch wenn ich kein allzu grosser Experte in diesem System bin. Ja, ich habe z. B. versucht 20...O-O zu spielen, aber etwas gebraucht zu erkennen, dass das zwar ein guter Zug, aber "leider gegen Regel" (Hort), waere :-)
14.Le3 c5 15.Se2 Td8 16.Sf4 Lf5 17.c4 Td7 18.g4 Le4 19.f3 Lc6 20.Sh5 Tg8 21.Kg2 Kd8 22.Tad1 Kc8 23.Kg3 b6 24.h4 g6 Ich haette jedenfalls
[24...La4 gespielt, weil man dann nach 25.b3 einen Angriffpunkt mittels a5-a4 hat. Aber vielleicht gefiel Effi hier
25.b4 Lc6 26.Txd7 Lxd7
(vielleicht auch 26...Kxd7)
27.Lg5 nicht, wobei ich denke, in guter Berliner Wall-Tradition laesst man die Truppen mittels 27...Lf8 einfach noch weiter zurueckfallen und steht o. k. Aber auch Effis Zug ist in Ordnung, halt Geschmackssache.]
25.Txd7 Kxd7 26.Sf4 Das ist wohl erst die kritische Stellung.
26...Lxh4+?
[Hier erscheint mir 26...Te8 mit der Idee
27.Sd5 Lxd5!?
(auch 27...Ld8 ist gut spielbar, wenn man mehr Spannung auf dem Brett lassen moechte)
28.cxd5 c6! 29.dxc6+
(Die Pointe ist, dass 29.d6? natuerlich an
29...Lxd6 scheitert.)
29...Kxc6 mit Ausgleich als beste Loesung. 26...L:h4+ ist dagegen ein Heuler.]
27.Kxh4 g5+ 28.Kg3 gxf4+ 29.Kxf4! Schwarz zwar ungleichfarbige Laeufer, aber keine Chance, seinen h-Bauern am Leben zu erhalten.
[29.Lxf4? h5=]
29...Tg6 30.Th1 h6 31.Kg3 Te6 32.Lf4 La4 33.b3 Lc6 34.Th5 Lb7 35.Lxh6 Der Rest ist also das, was man eine "Sache der Technik" nennt, aber Effi hat in letzter Zeit schon mehrmals solche Stellungen noch remis gehalten. Dieses Mal jedoch zeigte er keine besondere Zaehigkeit. Am besten diese Partie schnell vergessen. Ich denke nach wie vor, dass diese Variante Effi liegen muesste, aber es fehlt ihm da sicher noch ein wenig Erfahrung und Uebung. Diese Mauer hielt jedenfalls keine 50 oder 100 Zuege.
35...Te8 36.Tf5 Ke7 37.Lg5+ Kf8 38.Lf6 Tc8 39.Th5 Ke8 40.Th7 b5 41.cxb5 Ld5 42.f4 c4 43.bxc4 Lxc4 44.f5 Lxa2 45.g5 Ld5 46.g6


1-0

Nun zu etwas ganz anderem: (Anm. d. Red.: Ich habe noch zwei Partien angefügt.)

Degtiarev, Jewgeni - Pohl, Walter
DEM 2004 (Höckendorf), 02.02.2004

[Robert Offinger]


Ausgangsstellung 1.d4 d5 2.Sf3 Sc6 3.c4 Die Eroeffnung (Tschigorin-System) ist mir ein Raetsel! Dabei habe ich Effi doch letztes Jahr gegen Wanze gezeigt, dass man nach 1.d4 d5 2.Sf3 Sc6 auf 3.c4 verzichten kann ;-) O.K. ich habe es nicht so richtig gezeigt, weil die Partie damals nicht mehr lange ging ...
[3.Lf4 Lg4 4.e3 e6 5.Le2 Sf6 6.Sbd2 Ld6 7.Lg3 De7 8.c3 O-O 9.O-O Lxg3 1/2-1/2 Offinger,R-Wanzek,D/OLOA 02/03 Naumburg-AE Magdeburg 2002]
3...Lg4
[3...e5 4.Sxe5 Sxe5 5.dxe5 dxc4 6.Dxd8+ Kxd8 7.e4 Le6 8.f4 g6 9.Sc3 Lc5 10.Ld2 Se7 11.O-O-O Ke8 12.h3 h5 13.g3 Lf2 14.Le2 Lxg3 15.Sb5 Tc8 16.Sxa7 Td8 17.Sb5 Td7 18.Le3 Sc6 19.h4 Txd1+ 20.Txd1 Lg4 21.Sxc7+ Kf8 22.Tg1 Lxf4 23.Lxf4 Lxe2 24.Lg5 Lf3 25.Lf6 Tg8 26.Tg3 Sd4 27.e6 Sxe6 28.Sxe6+ fxe6 29.Txf3 Ke8 30.e5 1-0 Degtiarev,E-Wanzek,D/LEM Osterburg 2003]
4.cxd5 Lxf3 5.dxc6 Lxc6 6.Sc3 e6 7.e4 Sf6 Naja, die Variante, die Effi waehlt, hat jedenfalls nicht besonders viel Biss. Wieso allerdings Schwarz auf 7...Lb4 verzichtet, wie schon Tschigorin im 19. Jahrhundert gegen Pillsbury, ist mir ein Raetsel - der Schluessel zu dieser Variante liegt darin, dass man Sf6 zurueckstellt und
[7...Lb4 8.f3 Dh4+ die moderne Fortsetzung, alternativ Tschigorins 8...f5!?
9.g3 Df6 spielt. O. K. selbst der selige Tschigorin hat in dem damaligen Match in St. Petersburg im Jahre 1895 zuerst einmal 7...Sf6? gespielt, aber normalerweise sollte sich diese Eroeffnungsfeinheit mittlerweile herumgesprochen haben.]
8.f3 Le7 9.Le3 O-O 10.Lc4 a6 11.a3 Interessanterweise ist erst Effis 11.a3 (irgendein IM (Cherepkov) hat gegen einen No-Name hier das natuerlichere 11.O-O gespielt) eine Neuerung, aber mit dieser Eroffnungsgestaltung kann Weiss sehr zufrieden sein. Schwarz hat hier in der Folge keinen vernuenftigen Plan.
11...b5 12.Le2 Lb7 13.O-O Tc8 14.b4 Sd7 An der Stelle von Schwarz haette ich 14...c6 nebst 15...a5 versucht, aber er laesst sich lieber zusammenschieben.
15.f4 Kh8 16.Db3 Lf6 17.Tad1 g6 18.e5 Lg7 19.d5 exd5 20.Sxd5 Dh4 21.Lf2 Dh6 Jetzt ist es schon so gut wie vorbei, wenn Weiss 22.Lg4 spielt, mit 22.Lg3 verschenkt er einiges an Vorteil und laesst ihn mit 22...c5 wieder etwas mitspielen.
22.Lg3 c5 23.Lf3 c4 24.Dc2 Tcd8?!
[24...Sb8!? ist wohl die bessere Wahl, auch wenn Weiss nach
25.Df2 Lxd5 26.Lxd5 besser steht - die miese Idee des Damentransfers nach h6 wirkt sich immer noch aus.]
25.Df2! Spaetestens jetzt hat Weiss wieder deutlichen Vorteil
25...g5 schon Verzweiflung
26.Le4
[Weiss kann auch
26.fxg5 Dxg5 27.Lh4 Dxe5 mit Mehrqualle fuer einen Bauern spielen, aber Effi spielt 26.Le4, um ihn im eigenen Saft weiter garen zu lassen - praktisch, wenn der auch noch selber weiterheizt!
(27...Dg6 28.Sf4 und die Dame und der Lb7 haengen.)]
26...Lxd5 27.Txd5 gxf4 28.Lxf4 Db6 Sein Gegner beschleunigt seine Niederlage sehr energisch.
[28...De6 ist noch ein besserer Versuch.]
29.Le3 De6 30.Tfd1
[30.Dh4 sollte allerdings etwas schneller gehen mit den Ideen
30...f5
(30...h6 31.Td6)
31.exf6 Sxf6 32.Txf6]
30...Lxe5 Aber sein Gegner steuert weiter zielgerichtet in eine schnelle Niederlage, anstatt z.B.
[30...Tde8! mit der Idee
31.Lf5 Sxe5 und etwas laengerem Widerstand zu versuchen, auch wenn hier nach
32.Lxe6 fxe6 33.Dxf8+!? Txf8 34.Td6 die Mehrqualitaet trotz des c-Bauern entscheidet. Schwarz haette wenigstens noch Schwindelchancen. 30...Lxe5? stellt den Widerstand aufgrund des Figurenverlusts jedoch einfach ein, ja Schwarz bringt sogar noch ein schnelles Matt aufs Brett.]
31.Lf5 Dc6 32.Lxd7 Dc7 33.Txe5 Txd7 34.Df6+ Fazit: Gegen diesen Gegner musste Effi nicht sein volles Potential zeigen (und hat das auch nicht gemacht).Aber wenn der Gegner auf Auto-Destruktion programmiert ist, dann reicht auch eine zurueckhaltendere Spielweise. Hoffen wir, dass dieser Aufbau-Gegner zur richtigen Zeit kam. Jetzt gehts erst richtig los!

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