Simultan mit Deutschlands Rekordmeister Wolfgang Unzicker

Löberitzer Fußballtage Da Brain in der Corner eine Partie mit Löberitzbezug aus dem Jahr 1994 ausgegraben hat, wollte ich nicht nachstehen. Die 94er Schachtage waren wie immer ein Höhepunkt. Erstmals hatte ich die Jubiläumsveranstaltung 1993 kennen gelernt und seitdem keinen Vereinsgeburtstag ausgelassen. Zitat Di Napoli: "Mit unermüdlichen Einsatz schaffen es die rührigen Organisatoren immer wieder ihr kleines Dörfchen über 3 Tage zum Schachmekka zu verwandeln. Mit Schülerturnier, Einzel- und Mannschaftsblitzkämpfen wird für jeden etwas geboten." Darüber hinaus gab es mindestens in den "runden" Jahren noch so manchen Leckerbissen. Schachprominenz von Pfleger über Uhlmann, Knaak, Tischbierek und Hübner (um nur einige zu nennen) gab sich ein Stelldichein. Zur Atmosphäre gehören aber ebenso der Open-Air-Charakter mit Großfeldschach und dem traditionellen Fußballmatch Sachsen-Anhalt vs. Horst Emscher. Letzeres fand immer und allen Widrigkeiten zum Trotz statt, auch wenn der eigentliche Fußballplatz mal nicht zur Verfügung stand und der Ersatz etwas holprig war. In jenen Zeiten traten auch noch Präsi Konrad und Ritter Rolandus das runde Leder. Ich behaupte mal, um als wirklicher Schachtageteilnehmer zu gelten, muss man schon von Freitag bis Sonntag vor Ort sein. Ob man nun im Freien oder in der legendären KiTa "Pünktchen" auf dem ehemaligen Rittergut-Gelände nächtigt, sei mal dahingestellt.
Wolfgang Unzicker Das Highlight der 94er Schachtage war der Besuch von Deutschlands Schachlegende Wolfgang Unzicker. Siebenfacher Deutscher Meister, 13 Olympiaden an 1 und 2 (1950 in Dubrovnik mit 11/14 geteilter Brettpreis an 1 gemeinsam mit Najdorf), Siege gegen mehrere Weltmeister ... Anlässlich Unzickers 75. Geburtstags erschien in Schach 7/2000 ein sehr atmosphärisches, elfseitiges Porträt, das weit über die nackten Zahlen hinausgeht. Es schildert viele sehr persönliche Begegnungen mit Schachgrößen verschiedener Generationen und nebenbei so manch amüsante deutsch-deutsche Episode aus der Vorwendezeit. Unbedingt lesenswert! Ein gelungenes Porträt zeichnet auch Harald Fietz mit Partiebeispielen und Fotos auf den Seiten der Lasker-Gesellschaft. Schließlich erschien bei Chessbase eine Unzicker-Biografie in CD-Form von Hans-Dieter Müller. Die Kurzbesprechung der CD im Chessbase-Katalog enthält interessante historische Fotos.
Wolfgang Unzicker spielte 1994 Simultan im damals (in dieser Funktion) erst zwei Jahre alten Löberitzer Schachclubraum. Er gab sich genauso offen und ungezwungen wie in den Porträts geschildert. Obwohl meine persönliche Begegnung trotz eines für den Simultanspieler typischen Fehlers doch sehr einseitig verlief (und ich ein paar Züge zu spät aufgab), versuchte er mir hinterher höflich den Eindruck zu vermitteln, es sei phasenweise interessant und nicht so klar gewesen. Damals habe ich das sogar ein bisschen geglaubt ;-) Spaß hat's jedenfalls gemacht. Die Bilder stammen aus der Chronik. Neben weiteren Fotos enthält sie natürlich auch einen Bericht zum Unzicker-Besuch: "Höhepunkt der diesjährigen Schachtage war mit Sicherheit der Besuch des Schachgroßmeisters Wolfgang Unzicker aus München. Der Veranstalter, die Schachgemeinschaft 1871 Löberitz, konnte damit nahtlos an Besuche von prominenten Persönlichkeiten der vergangenen Jahre anschließen. Beim Simultan stand Wolfgang Unzicker trotz hochsommerlicher Temperaturen großmeisterlich seinen Mann. 13 Siege und zwei Punkteteilungen standen nur einer Niederlage gegenüber. Er verlor gegen den Hamburg-Großhansdorfer Dirk Grothe und remisierte gegen den Löberitzer Roland Franke sowie den Gelsenkirchner Thomas Kaiser. Wolfgang Unzicker Für viele der zahlreichen Gäste war allerdings die Gesprächsrunde nach den Partien noch interessanter, denn gerade Großmeister Unzicker, den man mit Fug und Recht im übertragenen Sinne als ein schachliches Urgestein bezeichnen kann, hat einen nahezu unerschöpflichen schachlichen Erfahrungsschatz. So brachte er spontan die eine oder andere Anekdote und manch interessante Partiestellung an den Mann."

Unzicker, W. - Schaefer, R.
Simultan Loeberitzer Schachtage, 1994

[Riker]


Ausgangsstellung 1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 Se4 aus heutiger Sicht ein bisschen unkultiviert ;-) Meine Eroeffnungsbehandlung wird wohl auch den Geier-Anhaengern wenig Freude bereiten ...
4.f3 Was der Herr Buecker als Bestes empfiehlt, weiss ich nicht mehr. Der Textzug war es m. M. n. nicht, aber das tut der weissen Sache in der Folge keinen Abbruch.
4...Da5+ 5.Sd2 Sd6 6.e4 b5 7.b3 bxc4 8.bxc4 Sa6 9.a3 Tb8 10.Dc2 g6 11.Lb2 Tg8 12.Lc3 Db6 13.Tb1 Dc7 14.Txb8 Dxb8 15.Ld3 Lh6 16.Se2 Sc7 17.O-O Sa8 Aehm, wer steht besser?
18.Tb1 Dc7 19.e5 Sf5 20.Lxf5 gxf5 21.Dxf5 Tg6 22.Dd3 La6 23.f4 Sb6 24.Tf1? Unzicker: "Wenn man einmal im Vorteil ist, laesst im Simultan die Konzentration schnell nach."
[24.La5]
24...Sxd5 25.Se4 Sb6
[25...Lxc4 sieht interessant aus, reicht aber nicht ganz.
26.Dxc4 Se3
(26...Txg2+ 27.Kh1 Se3 28.Dd3 Txe2 (28...Txh2+ 29.Kxh2 Sxf1+ 30.Kg1 c4 31.Dd4 und "no way out!") 29.Dxe2 Sxf1 30.Dxf1+ / -)
27.Dd3 Txg2+ 28.Kh1 ergibt Zugumstellung]
26.La5 Dc6 27.Lxb6 axb6 28.S2c3 Kd8 29.g3 Lg7 30.Tb1 Lb7? Die Idee funktioniert nicht.
31.Sd5+ - e6 32.Txb6! exd5 33.Txc6 dxe4 34.Db3 Lxc6 35.Db8+ Ke7 36.f5 Gewaenne das "nur" den Laeufer, koennte man vielleicht noch ein bisschen spielen, aber: weiter gerechnet er hat.
36...Th6 37.f6+ Txf6
[37...Lxf6 38.Dd6+ Kd8 39.exf6 mit Doppeldrohung auf b8 und f8]
38.exf6+ Lxf6 39.Kf2 Ld4+ 40.Ke2 Ke6 41.Db3 d5 42.Db6 Kd6 43.a4 dxc4 44.a5 c3 45.a6

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