Hier nun also der Rückblick auf das Oberliga-Derbywochenende der 2./3. Runde. Am Sonnabend war ich selbst vor Ort. Die Duelle AEM - USV und Rochade - Naumburg standen auf dem Programm. Beide Kämpfe verliefen extrem spannend, wie ich vor Monatsfrist in einem kurzen Bericht schon vermitteln wollte. Etwas nachvollziehbarer ist das vielleicht angesichts der Partien. Zunächst zu AEM - USV:
Nach verheißungsvollem Start (u. a. Schwarzsieg von Robert O. - siehe unten) mussten die Magdeburger den folgenden Rückschlag verkraften:
Kretzschmann, Jens (2194) - Windelband, Jens (2101)
OLOA 02/03 AE Magdeburg-USV Halle, 16.11.2002
Nach der Partie meinte ich zu Jens (dem Sieger, nicht dem Verlierer), dass man ja in bestimmten Situationen auf ihn wetten könne und bestimmt nicht schlecht damit fahren würde (auch eine Anspielung auf seine Erstrundenpartie). Jens darauf: Die Erstrundenpartie sei krasser gewesen, da er dort bis einen Zug vor Schluss auf Verlust gestanden hätte. Im übrigen sei das nur der Ausgleich für das Pech der vergangenen zehn Jahre ...
Kurzer Ausflug in die Startrunde. Weiß hatte bereits einen Großteil seines Vorteils verspielt, aber nun stellte er auch noch einzügig die Partie ein:
Ruemmler, Roland (2102) - Kretzschmann, Jens (2194)
OLOA 02/03 USV Halle-Naumburg, 20.10.2002
Zurück zur zweiten Runde. Ich hatte ja schon angedeutet, dass mehrere Partien einen für mich undurchsichtigen Verlauf nahmen. Aus AEM-Sicht: Flash mit seiner gelegentlichen Zweitwaffe Caro-Kann entwickelte trotz Minusbauer im Endspiel einigen Druck. Obwohl er das selbst zunächst für unklar hielt, denke ich, der Sieg geht in Ordnung. Zwischenzeitliche Probleme hatten Anne und Michael, die sich aber ins Remis retten konnten. Görgens - Kleschtschow verlief sehr wechselhaft (zum Schluss konnte wohl nur noch Weiß ans Gewinnen denken). Ebenso Neyman - Reipsch, wobei Igor zweimal in für meine Begriffe haarsträubende Zeitnot geriet (sicheres Anzeichen dafür: Igor nimmt die Armbanduhr ab, um beim Ziehen weniger Luftwiderstand zu erzeugen).
Eine der entscheidenden Partien, die in die 7. Stunde ging, war die folgende. Originell fand ich vor allem das weiße Königsmanöver Ke1-f2-g3-h4-h5 bei praktisch vollem Brett. Teilweise war es allerdings erzwungen. Das Endspiel ist sicher auch interessant und geprägt von schwarzen Durchbruchsideen auf c3 bzw. weißen Drohungen gegen den schwarzen König. Meine Varianten sind für die Bewertung wirklich unwichtig. Sie setzen zu spät an und sind überwiegend kooperativ. Wollte einige hübsche Motive aber nicht rausschmeißen ...
Degtiarev, Jewgeni (2196) - Hoepfl, Thomas (2272)
OLOA 02/03 AE Magdeburg-USV Halle, 16.11.2002
Abschließend zu diesem Kampf Robert Os Schwarzsieg - von ihm im Informatorstil kommentiert:
Eckhardt, Claudia - Offinger, Robert
OLOA 02/03 AE Magdeburg-USV Halle, 16.11.2002
[Robert O.]
Das Parallelmatch zwischen Rochade und Naumburg stand dem anderen Kampf in Sachen Spannung nicht nach. Bei jeweils einem Sieg für beide Seiten und vier Remisen ergab sich - wie schonmal beschrieben - ein 3:3-Zwischenstand. Während der Sieg des Magdeburgers Peter Hesse klar ausfiel, wurde die andere entschiedene Partie Wanzek - Blumenthal viel diskutiert. Das lag wohl vor allem an der Zeitnot, in der sich Daniel befand. So liest sich die Presse dazu (Zugabe für Pawel ;-)) - aus Naumburger Sicht:
"Daniel Wanzek behielt in akuter Zeitnot (!) die Nerven und gewann durch einen schönen Mattangriff. Aber die Freude der Domstädter über die Führung währte nicht lange. Als sich Hermann Packroff, der von Beginn an einen schweren Stand hatte, geschlagen geben musste, waren die Magdeburger wieder heran. Jens Härtig kam in der Folge zu einer Punkteteilung. Beim Zwischenstand von 3:3 wurde die Entscheidung somit auf die Partien von Matthias Will und Daniel Dexter verlegt. Matthias Will nutze kleinste Ungenauigkeiten seines Kontrahenten sehenswert aus. Sein Sieg bescherte dem ESV die erneute Führung. Daniel Dexter ließ danach nichts mehr anbrennen und sicherte mit einem abschließenden Remis den Mannschaftssieg. Der ESV Naumburg I bezwingt den SV Rochade Magdeburg I nach spannendem Spielverlauf 4,5:3,5."
Aus Magdeburger Sicht:
"Rochade Magdeburg musste gegen ESV Naumburg überraschend eine 3,5:4,5-Niederlage verkraften. Unglücklich war dabei sicherlich die Verlustpartie des Magdeburgers Hans-Joachim Blumenthal, der trotz Materialvorteils und besserer Zeit gegen Daniel Wanzek die Übersicht verlor."
Zur Zeitnot aus meiner Sicht: Bei Daniel ist sie alltäglich. Ich beziehe sie deshalb in Prognosen/Bewertungen eigentlich nicht ein. Diesmal war es in der Tat besonders akut - mit wohl weniger als 1 Minute für 18 Züge, wenn man das bei mechanischen Uhren so genau sagen kann. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass sich Hajo offensichtlich mehrere Züge lang der Gefahr nicht bewusst war. Ich denke, die Partie ist früher gekippt als im vorletzten Zug.
Wanzek, Daniel (2134) - Blumenthal, Hans-Joachim
OLOA 02/03 Roch.Magdeburg-Naumburg, 16.11.2002
Schließlich die beiden am Ende noch laufenden Partien. Auch hier der Verweis auf die frühere Einschätzung, alle drei Resultate im Mannschaftskampf wären noch möglich gewesen. Möge sich jeder selbst ein Bild machen, wer näher woran war. Das bessere Ende hatten jedenfalls die Naumburger für sich. Zwei Punkte, die Rochade noch schmerzlich vermissen könnte.
Von Hassel, Ulf (2110) - Will, Matthias
OLOA 02/03 Roch.Magdeburg-Naumburg, 16.11.2002
Niering, Martin (2194) - Dexter, Daniel (2185)
OLOA 02/03 Roch.Magdeburg-Naumburg, 16.11.2002
Am Sonntag saßen dann auch wir Landesklassisten wieder am Brett. Dankenswerterweise sind Berichte/Anmerkungen der Beteiligten eingetroffen (im Falle von Nudel sogar auf dem herkömmlichen Postweg). Die Ergebnisse waren deutlicher, und es gab einige kurze Remisen.
Zunächst Mike zu USV - Rochade: "Würde Die Partien so sehen: hinten klare Sache, Kuna und Knoche überrennen Gegner, Vorentscheid alle in Zeitnotphase: P. Becker stellt gegen Liebert rasch Bauern ein, Aber Liebert macht Zü in 30igern, Martin schaut zu mir, unklar noch, hat Remisangebot lehnt ab und macht in besserer Stellung Verlustzug, 10 Min. später fällt Halle um ..."
In Höpfl - Niering war Schwarz tatsächlich lange am Drücker. Ich versuchte daraufhin, den Verlustzug zu ermitteln. Der Rechner ist noch bis zum 31. Zug pro Schwarz gestimmt. Einer näheren Untersuchung hält das jedoch nicht stand, da die Partieidee S:e6 auch ohne 31... Sd3 zu funktionieren scheint. Folgerichtig tippt man auf 30... c4?, was Mike später bestätigte (siehe Anmerkungen zur Partie).
Weiter Mike mit Anmerkungen zu seiner eigenen Partie und einem interessanten Exkurs:
"Meine Partie interssant, zwei Taktiker spielen Drachenvariante, unklare Stellung, 20 Züge Theorie, dann doppeltes Bauernopfer zur Stellungsöffnung von mir ... weiter unklar, aber ... ein Knockout-Zug Sf6!; einzügige Mattdrohung von Schwarz und alles ist vorbei ... Hatte Becker nicht gesehen, Ergebnis wäre 4,5 für uns Ok gewesen, aber ZÜ von Liebert (wegen der Wessi-Uhr, Liebert dachte, er hatte noch fünf Minuten Zeit, typischer Automatismus-Fehler). Remisen waren Ok und ungefährdet, selbst das von Hajo ... Naja, nicht jeder hat die Nerven wie Daniel, nimmt freiwillig noch 20 Sek. und schlechte Stellung in Kauf um prosaisch zu gewinnen ... Überragender Hesse macht schnell Remis gegen alten Kumpel und auf nach Hause nach Stuttgart. Nie gefährdeter Sieg, putzig: war letztes jahr nicht dabei, auch 5,5-Sieg ... Fazit: Ohne mich ist Rochade genauso gut wie mit... Halle liegt uns ... Liegt das etwa an der alten Rivalitat Halle - Magdeburg??? Z. B. gibt es ja den Spruch: In Halle werden die Dummen nie alle... Und in Magdeburg an der Elbe ist es dasselbe sagen dann die Hallenser. Auch die Wende konnte diesen Konflikt nicht erschüttern ... Magdeburg wurde Landeshaupstadt, Halle hat 3 Altstadtbauten mehr als MD und mit Kollegen streite ich noch heute heftig, wo bessere Studentenclubs existieren, wo man besser leben kann. Alles ist eben relativ. Es gibt ja auch so viele Arten von Liebe wie es Menschen gibt, würden die modernen Romantiker wohl antworten."
Selbst ich habe zu Stolz - Becker einen Vorgänger bis zum 20. Zug gefunden (und ergänzt), was vermuten lässt, dass es in den einschlägigen Datenbanken viele gibt.
Stolz, Mike (2364) - Becker, Michael (2289)
OLOA 02/03 USV Halle-Roch.Magdeburg, 17.11.2002
Hoepfl, Thomas (2272) - Niering, Martin (2194)
OLOA 02/03 USV Halle-Roch.Magdeburg, 17.11.2002
Die andere Begegnung Naumburg - AEM endete ebenso klar. Dazu wollte ich eigentlich das Endspiel Dexter - Degtiarev bringen (ungleichfarbige Läufer). Nun habe ich vergessen, es mit hier reinzugenerieren, was nicht leicht zu korrigieren ist, aber auch nicht schlimm: Blicke trotz Jewgeni-Befragung sowieso noch nicht durch. Vielleicht geben ja die beiden thematischen Endspiele dieses Spieltags plus ein, zwei andere mal genügend Stoff für !!?? her. Stellvertretend für den 5,5-Erfolg der Magdeburger Windels Anmerkungen zu seinem Angriffssieg:
Windelband, Jens (2101) - Ruemmler, Roland (2102)
OLOA 02/03 Naumburg-AE Magdeburg, 17.11.2002
[Jens Windelband]
Sonntag,
9.00 Uhr, ESV Naumburg gegen AEM. Waehrend der Hallenser Schachklub, der unter dem Decknamen "ESV Naumburg"
antritt, bereits vollstaendig am Brett sitzt, ist die Haelfte meiner Magdeburger Mannschaft in den Weiten
des S-Bahn-Streckennetzes der Stadt Halle haengen geblieben. Aber auch zu viert kann und darf man den
Wettkampf beginnen. 1.e4 d6
2.d4 Sf6
3.Sc3 c6 Wie
Weuni mir voraussagte (Pirc mit ...c6). Da ich keine Lust hatte, die Feinheiten dieser (Neben-)Variante
zu ergruenden, entwickelte ich weiter, immer in der Hoffnung, eine Angriffsstellung aufzubauen. 4.f4
e6 Doch kein Pirc! Vielleicht
Franzoesisch ... 5.Sf3 Le7
6.Ld3 O-O Inzwischen
sind die restlichen vier Hanseln eingetroffen. Jetzt sind auch wir zu acht. 7.O-O h6 Jetzt
uebertreibt es Roland mit Bauernzuegen. Leider ist diese Krankheit ansteckend. 8.a3 Mit
der Idee 9.e5 d;e 10.d;e Sd5 11. Se4, was mir sofort wegen 11... Sb4 nicht gefiel. 8...c5 Richtig,
auf meine raumgreifenden Massnahmen am Fluegel entgegnet Roland mit einem Schlag im Zentrum. Jetzt erinnert
die Stellung an einen Sizilianer. 9.dxc5
dxc5 10.e5
Sd5 11.Se4 Jetzt
sind wir nur noch zu siebent. Drobs macht in schlechterer Stellung remis und ward nicht mehr gesehen! 11...Sc6
12.c3 Planwechsel: Erst
wollte ich in solcher Stellung c2-c4 ziehen, was mir nun aber wegen Sc7, a6, Tb8 - Idee b5 oder aehnlichem
nicht gefiel. 12...a6 Langsam
drohe ich was: Lc2, Sg3, Dd3, weshalb Schwarz d3 unter Kontrolle nehmen muss. 13.Lc2
b5 Fuenf Negerlein, Robert
O. und Flash machen Remis. Der eine hat sich erkaeltet, der andere zuckt mit den Achseln. 14.Sg3
Dc7? 14... c4 war Pflicht.
Nun geht die Partiekombi, aba: 15.a4? Reine
Rechenfa ulheit. Denn auf 15. Dd3 f5 16.e;f sah ich nicht, dass Schwarz mit dem Springer schlagen muss,
um 17.Dh7+ zu verhindern. 15...Tb8?
16.axb5 axb5 Schwarz
haette im 15. oder 16. Zug ...c4 ziehen sollen, auch wenn es einen Bauern gekostet haette. Er waehlte
das groessere Uebel: 17.Dd3 Da
mir die "nuetzlichen" sinnlosen Zuege am Damenfluegel ausgegangen sind, musste ich nun die Folgen dieses
Zuges berechnen. Auf einmal gelingt mir ueberraschenderweise das Kunststueck, Partiefortsetzung bis 27.L:h6
zu berechnen: 17...f5 18.exf6
Sxf6 19.Sh5
c4 zu spaet
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[19...Sxh5 20.Dh7+
Kf7 21.Lg6+
Kf6 22.Lxh5 (d.
Red.: Die Hauptdrohung lautet 23.Sg5)] |
20.Sxf6+ Txf6
21.Dh7+ Kf7
22.Lg6+ Txg6
23.Se5+ Sxe5
24.fxe5+ Lf6
25.exf6 Dc5+
26.Kh1 Txf6
27.Lxh6 Noch vier Negerlein,
die sogar wirklich alle Schwarz haben. Da die schwarze Ausbeute noch hoeher als die weisse ist, gewinnen
wir mit 5,5:2,5.
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[27.Lxh6 Df8
28.Txf6+ Kxf6
29.Tf1+ Ke7
30.Lg5+ Ke8
31.Dg6+] |
1-0 |