Ein außergewöhnlicher Schachwettkampf: Löberitz gegen Großhansdorf

Mikly, Joachim Felten Berlin ist immer eine Reise wert! Zumindest gilt das am Wochenende für die Schachfreunde des SV Großhansdorf und der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz. Beide Mannschaften werden in der nächsten Saison in der Oberliga spielen, die Großhansdorfer nach ihrem erfolgreichen Klassenerhalt zum zweiten Mal, während die Löberitzer erstmalig in die hohen Gefilde vorstoßen. Das ist die eine Gemeinsamkeit, auf die verwiesen werden kann. Die zweite Gemeinsamkeit liegt in der Tatsache, dass beide Vereine Dorfmannschaften sind und als solche Unikate in ihren Staffeln. Nun gibt es da natürlich entscheidende Unterschiede: Großhansdorf ist mit über 9.000 Einwohnern ein Vorort der Freien- und Hansestadt Hamburg und die Bevölkerung ist eher dem gutsituiertem Bürgertum zuzurechnen. Die Gemeinde ist zudem europaweit das einzige Dorf mit drei U-Bahnhöfen, was sie dem Umstand verdankt, vor der Gebietsreform in den 30er Jahren noch Stadtteil von Hamburg gewesen und somit in den Genuss entsprechender Planungen gekommen zu sein. Politisch gehört der Ort zu Schleswig-Holstein, während die Schachabteilung des Universal-Sportvereins im Hamburger Schachverband beheimatet ist. Diese historische Besonderheit teilt sich Großhansdorf noch mit Ahrensburg und Pinneberg. Bei einer Neugründung heute wäre das nicht mehr möglich.

Joachim Felten, Ernst-Helmuth Varain Bei Löberitz mit etwas mehr als 1.000 Einwohnern ist die Gesamtsituation etwas anders. Der Ort hat nach der politischen Wende große Fortschritte gemacht und sich recht herausgeputzt ohne dabei seinen dörflichen Charakter einzubüßen. Ein Problem ist hier die dominierende überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit. Der nahezu völlige Wegfall aller Standorte in den Chemiehochburgen Wolfen und Bitterfeld ist nach wie vor nicht annähernd kompensiert. Nahegelegene Zentren sind mit Halle/Saale und Leipzig mittelgroße Städte aus zwei Bundesländern.

Erste lose Kontakte zwischen Löberitz und Großhansdorf bestehen schon seit 1989. Der Grund war der Tausch einiger Schachpostkarten zwischen dem Löberitzer Clubleiter Konrad Reiß und dem Rechtsanwalt Ernst-Helmuth Varain.
Im Jahre 1991 sollten sich dann aber die Kontakte erst richtig festigen. Ernst-Helmuth Varain und Michael Klyszcz, inzwischen schon seit fast einem Jahrzehnt Mitglied des Löberitzer Traditionsvereins, nahmen vom 2. bis 3. Oktober am Nachtblitzturnier der SG 1871 Löberitz teil. Für sie war die Fahrt, noch dazu bei strömenden Regen, eine Reise in ein unbekanntes Land.

Ticia Gara bei ihrem ersten Punktspieleinsatz für den SV Großhansdorf Bei der erstbesten Gelegenheit starteten die Löberitzer zum Gegenbesuch. Die bot sich schon im gleichen Jahr, denn die Großhansdorfer feierten vom 18. bis 20. Oktober ihr 25 jähriges Spartenjubiläum und ein Jahr später der Gesamtverein sein 50-jähriges Bestehen. Bei der sich entwickelnden Vereinspartnerschaft sollten auch in der nachfolgenden Zeit Besuche und Gegenbesuche aus den unterschiedlichsten Anlässen folgen. Mit von der Partie waren in Löberitz neben Michael Klyszcz, Ernst-Helmuth Varain vor allem Dirk Grote sowie Ammar Abrougui.
Am häufigsten in Großhansdorf weilte wohl auf Löberitzer Seite Thomas Richter, der allerdings dem breiten Schachpublikum mehr unter seinem einprägsamen Schachkünstlernamen Chevaliere de Rici bekannt ist. Den Weg elbabwärts fanden neben Mitgliedern der Reiß-Familie mehrmals auch Nicole Nentwig und Uwe Bombien.

Dennoch ist und bleibt Michael Klyszcz Brücke und Bindeglied zwischen beiden Vereinen. Obwohl er nun schon seit Anfang 1995 nicht mehr dort, sondern in Köln wohnt und da auch arbeitet, ist er dem Verein über viele Jahre weiterhin eng verbunden geblieben. So kann ihm sicherlich auch der Einsatz und die damit verbundene Förderung der spielstarken ungarischen Gara-Schwestern in Großhansdorf zugerechnet werden. Ähnliches initiierte er dann später auch in Löberitz und brachte erst die Internationale Meisterin Constanze Jahn und später die lettische Großmeisterin und zweifache Junioreneuropameisterin Dana Reizniece mit in den Traditionsverein.

Felten, Hein Mit dem bevorstehenden Vergleichskampf schlagen beide Vereine, ähnlich wie einst das "Tapfere Schneiderlein", das in der heutigen Zeit als "Tapferer Mikly" in den Lichtspieltheatern über die Bühne gehen würde, mehrere Fliegen mit einer Klappe. Da wird eine nun schon über viele Jahre bestehende Vereinspartnerschaft aufgemöbelt, es werden alte (und natürlich immer älter werdende) Freunde getroffen, es werden sicherlich wieder neue Freundschaften entstehen, die Löberitzer Mannschaft wird versuchen sich als Oberligateam zu finden und natürlich wird der Wettkampf zum Beginn der Saison auch zeigen, wo jeder mit seinen schachlichen Leistungen steht. Das ist sicherlich nicht alles und so manche Überraschung wird das Wochenende zum hoffentlich bleibenden angenehmen Erlebnis werden lassen. Also freuen wir uns auf den Freitag und den Samstag in Berlin.

Konrad Reiß, auch "Ick bin ein Berliner"

Zeitplan

Freitag ab 19 Uhr Treffen im Schachcafé "En passant", Schönhauser Allee 58, Berlin für alle Ankommenden
Samstag ab 10 Uhr Gemeinsames Frühstück im Schachcafé
Samstag ab 12 Uhr Vergleichskampf SVG-SGL
Alle weiteren Aktivitäten folgen dem Gusto der jeweils Anwesenden ...

Mögliche Aufstellungen

  SV Großhansdorf     SG 1871 Löberitz    
1 Enno Heyken IM : Simon Spreng    
2 Andreas Mitscherling FM : Dana Reizniece   WGM
3 Wolfgang Labahn   : Martin "Brain" Schuster    
4 Björn Bente   : Heinz Liebert   IM
5 Dirk Grote   : Reyk "Riker" Schäfer    
6 Ernst-Helmuth Varain   : Michael Klyszcz    
7 Joachim Felten   : Roland Franke    
8 Ammar Abrougui   : Konrad Reiß    
9 Andreas Möck   : Thomas "Chevalier" Richter    

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